Like a Dragon: Infinite Wealth – im Test (PS4 / PS5 / Xbox Series X)

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Spiel:Like a Dragon: Infinite WealthPublisher:SegaDeveloper:Ryu ga Gotoku TeamGenre:RollenspielGetestet für:PS4, PS5, XSXErhältlich für:PS4, PS5, XOne, XSXUSK:18Erschienen in:3 / 2024

Hoffentlich spendiert Sega den Entwicklern der Ryu Ga Gotoku ­Studios einen Luxusurlaub in Hawaii, das Team hätte es sich redlich verdient. Innerhalb eines Jahres gleich drei Like a Dragon-Titel an den Start zu bringen, ist ein beein­druckendes Maß an Produktivität – zumal nach dem Ishin!-Remake und der Gaiden-­Zwischenepisode Infinite Wealth in Sachen Umfang, Ambition und vor allem spielerischer Qualität die Krönung darstellt.

Hawaii spielt darin eine Schlüsselrolle, denn nachdem zum Auftakt das eigentlich in geregelten Alltagsbahnen laufende Leben des ”Helden von Yokohama” ­Ichiban Kasuga durch widrige Umstände zu Bruch geht, verschlägt es ihn bei der Suche nach seiner Mutter auf das amerikanische Insel­paradies. Dort gerät er prompt in eine äußerst missliche Situation, aus der ihn ein ­alter Bekannter rettet – der ”Drache von ­Dojima” ­Kazuma Kiryu, seines Zeichens Star fast aller vorherigen ”Yakuza”-Episoden.

Fortan tun sich der naiv-fröhliche Lebemann und die wehmütige Ikone zusammen, um den Dingen auf den Grund zu gehen: Denn auch diesmal ist kaum etwas, wie es anfangs scheint und auf dem Weg warten zahlreiche unerwartete Konfrontationen und Wendungen. Die führen Euch zeitweise auch wieder weg von Hawaii, denn etwa zur Hälfte der Story kehrt Kiryu zurück nach Japan und ab dann wechselt das Geschehen zwischen den Protagonisten. Wuschelkopf Ichiban erlebt auf der Insel den Großteil der ganz neuen Aspekte von ”Infinite Wealth, während Kiryu in Isezaki Ijincho und auch seiner alten Heimat Kamurocho auf teils nostalgischer Mission unterwegs ist. Spielerisch gehen beide Charaktere gleich vor – soll heißen, Gefechte werden stets im rundenbasierten Kampfsystem mit einer (meistens) vier Personen starken Truppe geführt, wie es im Vorgänger etabliert wurde. Fans der Klopper-Action alter Teile bleiben hier außen vor (oder spielen eben weiter Gaiden). Das Ganze ­wurde aber mit einer Vielzahl an Feinheiten aufgemotzt, die sich in der Praxis wunderbar dynamisch und flott anfühlen. So verharren Eure Stars nicht mehr auf der Stelle, wenn sie an der Reihe sind, sondern können sich innerhalb eines Aktionsradius fast frei bewegen. Da auch die Gegner nicht stillstehen, macht dies geschicktes Positionieren umso sinnvoller.

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Ist dann zum Beispiel ein Objekt in Greifweite, das als Waffe eingesetzt werden kann, bestimmt Ihr nun selbst, ob Ihr das wollt oder doch lieber mit der Standardausrüstung oder einem Skill attackiert werden soll. Und habt Ihr Eure Beziehungen zu den Kollegen intensiviert, können diese für Combo-Angriffe eingespannt werden, sofern Ihr nebeneinandersteht. Oder ein Kumpel legt eigenständig mit einem Hieb nach, wenn Ihr einen Kontrahenten in seine Richtung bugsiert habt. Besonders in nicht so weitläufigen Arealen entfalten sich dadurch eine Menge frische Möglichkeiten. Dazu gesellen sich bereits bekannte Aspekte wie das Job-System (das mit einer Mischung aus neuen und alten Spezialisierungen aufwartet), Tag-Team-Moves und vom Anführer in Not­lagen anforderbare ”Poundmates”-Unterstützung. Und Haudegen Kiryu bekommt standesgemäß eine Extrawurst, kann er doch als einziger auf Wunsch zwischen drei Angriffsstilen wählen sowie später auch kurzzeitig in einen Echtzeit-Modus wechseln und nach klassischer Yakuza-Manier Gegner vermöbeln.

Umso wichtiger, dass Ichiban und Kiryu nicht alleine dastehen, die Anzahl der Mitstreiter wurde aufgestockt: Aus dem Vorgänger sind wieder die alten Bekannten Nanba, Adachi, Saeko, Joon-gi und Zhao mit dabei, nur (die seinerzeit optionale freispielbare) Eri fehlt spurlos. Dazu gesellen sich in Hawaii die junge Chitose und Taxifahrer Tomisawa, während in Japan Untergrundchefin Seonhee erstmals aktiv ran darf. Storybedingt könnt Ihr Eure Party nur begrenzt mischen, aber eins gilt – wie vorher angemerkt – für alle: Je besser Ihr Euch mit ihnen versteht, desto effizienter wirken sie im Gefecht mit. Wie viele andere Aspekte hat Infinite Wealth auch diesen vertieft, so plaudert Ihr etwa nun überdies zu den intensiven ”Drink Link”-Gesprächen in der Stammbar vermehrt während der Erkundung der Umgebung, um ein ”Beziehungsbingo” zu füllen – klingt banal, sorgt aber für ein Plus an Stimmung zusätzlich zum Kampfbonus.

Natürlich steht die Story im Mittelpunkt, die mit angemessen bombastisch präsentierten Kämpfen aufwartet und ihre Wendungen und Hintergründe in ansehnlich inszenierten Filmsequenzen serviert, deren Länge und Häufigkeit teils fast auf Kojima-Niveau liegen.

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Aber serientypisch gibt es nebenher so viel zu tun, dass Euch garantiert nicht so bald langweilig wird. Auf Hawaii schlüpft Ihr stets in die Rolle von Ichiban und schon allein das Erkunden der neuen Umgebung ist eine Freude: Egal, ob Strand, Einkaufszentrum oder unterschiedliche Viertel – hier gibt es viel zu entdecken. Wortwörtlich, denn anders als die beiden japanischen Areale (die zusammen etwa so groß sind wie Hawaii), ist die Karte anfangs dunkel und wird nur dort aufgedeckt, wo Ihr unterwegs seid. Speziell im Inselparadies gesellen sich zu bekannten Aktivitäten wie Spielhallenbesuch, Wissensquiz, ­Dating und mehr eine Reihe frischer Tätigkeiten: Radelt etwa in ­”Crazy Delivery” als Essensausfahrer oder schießt bei ”Sicko Snap” Fotos halb nackter Muskelmänner statt Sammelmonster. Apropos Pokémon: Diese dienen wie eine zweite Nintendo-Marke als Vorlage für Like a Dragon-typische Nebenspiele mit viel Umfang. Bei ”Sujimon” sammelt Ihr schräge Typen, um sie in taktischen Arenakämpfen zu dirigieren, ”Dokopon Island” ist eine schrullige Animal Crossing-Interpretation. Beide könnten fast als eigenständige Spiele durchgehen, sind erfreulich ausgereift und liefern Unterhaltung für viele Stunden.

In Japan bedient Kiryu bevorzugt Nostalgiker: So stellt er eine ­”Bucket List” auf und klappert Schauplätze ab, wo Erinnerungsfetzen früherer Erlebnisse aufblitzen – ein Fest für Fans, die ihn schon länger begleiten. Selbiges gilt bei den ”Lebenslink”-Episoden, die sein alter Cop-Kumpel Date initiiert: Die spielen sich mehr wie typische Nebenmissionen und klären sogar einige offene Fragen, wie es wichtigen Charakteren aus Kiryus Vergangenheit inzwischen so ergangen ist. Es gäbe noch viel mehr Lob und Details an dieser Stelle über Infinite Wealth zu erzählen, aber das alles zu entdecken, überlassen wir nun besser Euch. Wer jemals etwas mit Like a Dragon oder Yakuza anfangen konnte, bekommt hier einen krönenden (Vorerst-)Abschluss geliefert. Wer neu dabei ist, versteht wohl ab und an nur Bahnhof. Seid aber ver­sichert: In Sachen Inszenierung und spielerischer Klasse erwartet Euch ein ebenso ungewöhnliches wie tolles Rollenspiel.

Meinung

Ulrich Steppberger meint: Ich hatte turmhohe Erwartungen an Infinite Wealth und kann zu meiner Freude verkünden, dass Sega sie (fast) gänzlich erfüllt hat: Hawaii sieht toll aus, bringt eine gewaltige Menge frischen Wind ins Geschehen und es ist eine Riesengaudi, alle Winkel zu erkunden und laufend neue Aktivitäten zu finden. Dondoko Island und Sujimon als die diesmaligen ”großen” Minispiele sind Volltreffer. Kiryu als zweite Hauptfigur fügt sich beinahe perfekt ein und sorgt für eine Menge gelungener wie wehmütiger Nostalgie, auch wenn weniger in der Serienhistorie versierte Spieler teils nur Bahnhof verstehen dürften. Am meisten gefallen haben mir aber tatsächlich die dynamischen Erweiterungen des Kampfsystems, dank denen selbst die etwas drögen Grinding-Dungeons noch viel Spaß machen. Da sind kleine Kritikpunkte wie ein paar Schwierigkeitsspitzen, nicht immer ganz stabile 60 fps und das für mein ­Empfinden etwas zu schlichte (aber trotzdem solide) Story-Finale kaum der Rede wert.

Kevin Pinhao meint: Da ist er endlich wieder, unser Sonnenschein Ichiban! Nach dem ­mutigen RPG-Neu­anstrich von Yakuza: Like a Dragon geht Infinite Wealth den geebneten Pfad konsequent weiter und begeistert dabei mit einem atmosphärischen und vor allem gewaltigen Abenteuer. Die sonnigen Gefilde Hawaiis locken an jeder Ecke mit spannenden Inhalten, die serientypisch schnell mal von der eigentlichen Geschichte ablenken können – wenn diese nicht so fesselnd wäre! Dem Protagonisten-Duo sei Dank, halten sich Frohsinn und Melancholie äußerst stimmig die Waage. Gerade langjährige Fans dürfen sich auf eine emotional belohnende Reise einstellen. Ja, Infinite Wealth ist nicht perfekt – hier und da finden sich einige altbekannte Stolpersteine. Trotzdem ist der Titel seinem direkten Vorgänger in nahezu jedem Punkt überlegen. Ich freue mich jedenfalls schon zum Start von 2024 gleich über einen persönlichen ”Spiel des Jahres”-Kandidaten.

Wertung

rundenbasiertes Kampfsystem mit vielen klugen Erweiterungen
Hawaii als neuer Hauptschauplatz, Isezaki Ijincho und Kamurocho dabei
zwei große Nebentätigkeiten: Sujimon und Dondoko Island

Famose RPG-Fortsetzung der Ex-”Yakuza”-Reihe mit tollem neuen Schauplatz, klugen Kampfsystem-Verbesserungen und zwei starken Stars.

Singleplayer89MultiplayerGrafikSound

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