Forza Motorsport 2 – im Klassik-Test (360)

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Spiel:Forza Motorsport 2Publisher:MicrosoftDeveloper:Turn 10Genre:RennspielGetestet für:360Erhältlich für:360USK:Erschienen in:7 / 2007

Gran Turismo gilt als der heilige Gral für alle, die auf realitätsnahe, aber dennoch nicht zu pedantisch angelegte Rennsport­simulationen stehen – aber den gibt’s eben nur für die Sony-Hardware. Deshalb bemühte sich Microsoft um einen eigenen Rivalen in Form des 2005 ­erschienenen Forza Motorsport, das dank Xbox Live auch spannende Online-Rennen ermöglichte und schnell eine treue Fangemeinde gewann.

Die Erwartungen an die Fortsetzung sind daher hoch gesteckt, zumal Forza Motorsport 2 vor Gran Turismo 5 (das GT HD-Demo auf der PS3 ist schließlich kein vollwertiges Spiel) in die Next-Gen-Startaufstellung fährt. Wieder steht die akkurate Simulation von Fahrverhalten und -physik im Vordergrund, ohne aber ’normale‘ Spieler abschrecken zu wollen. Soll heißen, jedes Vehikel hat seine eigene Charakteristik und fühlt sich überzeugend realistisch an. Außerdem machen sich bereits kleine Änderungen am Setup bemerkbar – Bastler können ihren Tuning-Gelüsten freien Lauf lassen, trotzdem braucht Ihr kein stundenlanges Fahrtraining, um flotte Runden auf den Asphalt zu zaubern. Der Kompromiss ist tadellos gelungen und kann sich ohne Weiteres mit Gran Turismo messen. Bequemlichkeiten in Form von auf Wunsch abschaltbaren Fahrhilfen wie ABS und Traktionskontrolle sowie der berühmt-berüchtigten Ideallinien-Anzeige sorgen dafür, dass sich Konsolenpiloten aller Leistungsklassen wohl fühlen. Letztere Einblendung gibt‘s jetzt auch als Kompromisslösung: Sie blinkt dann nur auf, wenn Ihr zu schnell auf eine Kurve zubraust.

Am Fuhrpark gibt es wenig zu meckern, über 300 Boliden stehen parat. In zehn Leistungsklassen aufgeteilt, wählt Ihr zwischen normalen Straßenmodellen von z.B. VW oder Honda, Luxusschlitten aus den Porsche- und Ferrari-Werkstätten sowie Hochgeschwindigkeitsgeschossen diverser Rennserien. Bei allen könnt Ihr zahlreiche Feineinstellungen vornehmen und Upgrades kaufen, die auch die Einteilung der Rennklasse beeinflussen – wer will, züchtet sich z.B. einen Super-Golf, der es dann selbst mit Lamborghinis aufnimmt. Ebenfalls nicht fehlen darf die populäre Option des Vorgängers, eigene Kunstwerke auf den Lack zu zaubern: Die Werkzeuge und Vorlagen dafür sind zwar erneut mehr an Könner gerichtet, die haben dafür ungeahnt viele Möglichkeiten – pro Fahrzeugseite sind nun satte 4.000 Schichten bearbeitbar.

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Grafisch macht Forza Motorsport 2 einen großen Schritt nach vorne: Das zeitweise utopisch anmutende Versprechen, durchgehend 60 Bilder pro Sekunde zu erreichen, ist tatsächlich Wirklichkeit geworden. So geschmeidig und flüssig wie hier flitzen die Vehikel in kaum einem anderen Rennspiel über die Pisten. Auch die Automodelle mitsamt Echtzeitspiegelungen und (rudimentär visualisiertem) Schadensmodell können überzeugen, wenn auch gelegentlich ein wenig ’Plastik‘-Eindruck entsteht. Als Kompromiss gibt‘s dafür bei den meisten Kursen nicht viel Interessantes neben dem Asphalt zu sehen – was allerdings bei den realen Vorbildern in der Regel auch der Fall ist.

So wurde die Auswahl der Veranstaltungsorte diesmal von der Streckenführung her zwar mit den Neuzugängen Sebring, Mugello und Suzuka reizvoller, dafür fielen viele der visuell ansprechenderen Fantasie-Vertreter des Vorgängers weg: So vermissen wir u.a. Tokio und Rio sowie die Berg­etappen. Obwohl sich 47 Strecken nach viel anhören, relativiert sich die Summe durch viele Rückwärtsvarianten und Teilstücke – alleine das Testgelände deckt mehr als ein Drittel aller Kurse ab. Wieso Ihr zudem einige der interessanteren Pisten erst in der zweiten Hälfte der Karriere erlebt und andere dafür gerade anfangs ständig fahren müsst, ist wohl ein Geheimnis der Entwickler – wie auch ein paar andere Kuriositäten.

So gibt‘s diesmal einen hochkarätigen Soundtrack mit bekannten Elektro- und Dancefloor-Größen, der aber während der Rennen gar nicht angestellt werden kann. Und der Rückspiegel taucht bei der Innenansicht nur in der Variante ohne Motorhaube auf. Letztlich können ­diese Punkte dem guten Gesamteindruck wenig anhaben: Forza Motorsport 2 ist eine hochkarätige Rennsportsimulation, die viel kann und eine Menge Spaß macht – auch diesmal gibt es aber noch viel Luft nach oben, weitere Verbesserungen sind möglich. Einen dicken Trumpf des Rasers konnten wir beim Test ­allerdings noch nicht berücksichtigen: Die umfangreichen Online-Möglichkeiten mit Rennen, Auktionen und anderen interessanten Extras waren mit unserer Testfassung nicht nutzbar – deshalb gibt‘s nächste Ausgabe eine ausführliche Ergänzung dazu im Online-Nachtest.

Meinung

Ulrich Steppberger meint: Zugegeben, ich bin nicht unbedingt Teil der Kernzielgruppe von Forza 2, weshalb mir auch einige Dinge mehr aufstoßen als Simulationsfans. Zwar gefällt mir, dass die Karriere viel Führung bietet, doch die ohnehin nicht überwältigende Streckenzahl wird dort durch penetrante Wiederholungen bestimmter Pisten noch auffälliger. Die Konzentration auf die echten Kurse kann ich verstehen, nur sehen die eben weniger spannend aus – dafür läuft die Grafik in der Tat stets flüssig und macht u.a. die Nordschleife zum Genuss. Weil das Fahrgefühl stimmt, fahre ich trotzdem immer noch ein weiteres Rennen, schließlich muss ich für die Online-Wettkämpfe trainieren: Vor allem dort dürfte Forza 2 sicherlich auf lange Zeit ein Hit sein.

Thomas Stuchlik meint: Vom Vorgänger war ich damals trotz großer Vorfreude enttäuscht. Teil 2 merzt nun viele Kritikpunkte aus. Allen voran den wichtigsten: das Fahrverhalten. Zahlreiche Physik-Berechnungen sorgen endlich für ein nachvollziehbares wie spannendes Sim-Feeling, das dank abschaltbarer Fahrhilfen und einblendbarer Echtzeit-Fahrdaten für Motivation sorgt. So macht das Ausloten des Grenzbereichs und die Jagd nach der Bestzeit richtig Spaß. Ebenso gefällt das zeit­intensive Lackieren des eigenen Vehikels, ein Bildimport via USB wäre hier aber noch sinnvoll gewesen. Optisch bleibt der Wow-Effekt zwar aus, dennoch bringt die durchweg flüssige Grafikkulisse viel Fahrspaß auf den Schirm – Xbox-360-untypisch aber ohne Anti-­Aliasing.

Wertung

47 Strecken an 13 Orten
303 Fahrzeuge in 10 Klassen
Steuerung sehr realistisch, trotzdem nicht zu überzogen detailversessen
Karrierestruktur wie beim Erstling
noch viel mehr Möglichkeiten zum Auto-Tuning und zur Verschönerung

Spürbar verbesserte Rennsportsimulation mit Schwerpunkt auf Fahrgefühl und flüssiger Optik – nicht perfekt, aber sehr gut.

Singleplayer85MultiplayerGrafikSound

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