Die aktuellste Erweiterung von Final Fantasy XIV ist endlich offiziell erschienen. Nach vier Tagen im Early Access kann MeinMMO-Redakteurin Sophia Weiß sagen: Dawntrail ist ein tolles RPG, aber vom MMO im MMORPG fehlt jede Spur.
Final Fantasy XIV Dawntrail startete am 28. Juni 2024 in den Early Access und ist am 2. Juli endlich offiziell erschienen. Ich habe mir den Freitag zum Start freigenommen und seither 25 bis 30 Stunden in das neue Addon gesteckt. Aktuell habe ich etwa die Hälfte aller Inhalte hinter mir und stehe vor dem Level-95-Dungeon.
Das ist nicht mein erster Ausflug in das MMORPG: Mein Abo läuft seit 2016 praktisch ununterbrochen und habe, bis auf die Patches 6.3 bis 6.55, alle neuen Inhalte zum Release gespielt. Von Hardcore-Raids mal abgesehen.
Entsprechend bin ich mit etwa acht Jahren Erfahrung in Final Fantasy XIV und insgesamt vier von fünf Addon-Launches auf dem Konto an Dawntrail rangegangen.
Gibt es in diesem Artikel Spoiler? Ich bin selbst ein großer Verfechter der inoffiziellen Anti-Spoiler-Policy in der englischsprachigen Community (keine Spoiler bis 4 Wochen nach Release posten), werde aber nicht ganz drumherum kommen. Auf konkrete Story-Details werde ich aber verzichten.
Die neue Erweiterung – Das ist Dawntrail in a Nutshell
Wie ist Dawntrail? Dawntrail ist Urlaub, Sommer und Sonne. Dawntrail ist bunt.
Aber Dawntrail ist auch wieder eine Erweiterung nach mittlerweile bekannter Final-Fantasy-XIV-Formel. Daher erst einmal vorne weg:
Ja, die Story beginnt langsam, ist stellenweise auch richtig zäh
Die ersten beiden Gebiete sind erneut hinter zwei unterschiedlichen Questreihen versteckt
Die Dungeons werden mit je 4 Mann bestritten und haben je 3 Bossgegner
Alle paar Level gibt es einen Dungeon
Es gibt während des Level-Prozesses zwei Bossgegner
Wir müssen das Fliegen mit Reittieren in den neuen Gebieten mit Wind-Aetherquellen freischalten
So ist Dawntrail im Vergleich zu früheren Erweiterungen von FF14: Wenn es etwas in früheren Erweiterungen gab, was euch nicht gefallen hat, wird es euch auch in Dawntrail nicht gefallen. Zwar ließ FFXIV-Mastermind Naoki Yoshida verlauten, die neue Erweiterung soll nach dem Fokus auf Single-Player wieder mehr MMO werden – davon fehlt im Leveling-Prozess zumindest noch jede Spur.
Aber ich muss auch sagen, dass Dawntrail insgesamt einen runden und polierten Eindruck bei mir hinterlässt. Das Team hat aus den letzten Erweiterungen gelernt und macht das, was es tut, richtig gut: Eine schöne Geschichte spektakulär, fast schon kinoreif, erzählen. Nur eben mit Fokus auf Single-Player, nicht Gruppen-Content.
Ein neuer Story-Ansatz: Mentor statt Main Character
Worum geht es in Dawntrail? Ihr spielt immer noch den Krieger des Lichts und seid weltbekannter Abenteurer. Allerdings macht ihr einen Schritt zurück, um als Mentor der neuen Protagonistin unter die Arme zu greifen:
Euer Schützling ist Wuk Lamat, eine weibliche Hrothgar und die Adoptivtochter des aktuellen Herrschers von Tuliyollal. Der Herrscher möchte die Macht so langsam an einen Nachfolger abgeben.
Genau hier braucht die Anwärterin eure Hilfe. Sie ist eine von vier Kandidaten für den Thron und muss nun sieben Prüfungen bestehen sowie eine sagenumwobene goldene Stadt finden.
Der Story-Trailer gibt euch einen guten ersten Eindruck davon, was euch erwartet:
Autoplay
Ihr steht nicht im Mittelpunkt der Erweiterung
Das ist eure Rolle: Überraschenderweise hat Square Enix die Mentorenrolle richtig gut geschrieben. Die Konstellation im Spiel erinnert – zumindest bis zur Hälfte – an Stormblood:
Ihr steht nicht im Mittelpunkt, sondern seid Unterstützer einer guten Sache. Statt mit Lyse zusammen Ala Mhigo zu befreien, helft ihr Wuk Lamat dabei, ihre Mitbewerber auszustechen – die teilweise kriegstreiberische Ambitionen haben.
Bin ich noch der Hauptcharakter? Ja und nein. Jeder Mensch ist der Hauptcharakter seiner eigenen Geschichte, so bleibt euer Krieger des Lichts euer persönlicher Fokus. Für Tuliyollal und die Zukunft des Landes ist es aber wichtiger, dass Wuk Lamat die Prüfungen besteht und mit jeder Prüfung persönlich reift.
Nach 90 Leveln, in denen man selbst im Mittelpunkt der Handlung stand, ist das im ersten Moment ungewohnt.
Schöner und bunter – Square Enix flext die Grafik- und Tech-Muskeln
Wie wirkt sich das Grafik-Update aus? Final Fantasy XIV sieht nicht aus wie ein Horizon Forbidden West. Naoki Yoshida warnte davor, das zu erwarten. Aber durch das Update mit 7.0 hat das MMORPG einen frischen Anstrich verpasst bekommen.
Vor allem in alten Gegenden aus A Realm Reborn und Heavensward merkt man den Unterschied. Je jünger aber die Gegend, desto weniger offensichtlich sind die Veränderungen.
Dawntrail selbst protzt vor Farbenpracht. Es fühlt sich stellenweise sogar so an, als hätte das Team beschlossen, mit den neuen Gegenden zu beweisen, wie gut das Game aussehen kann.
Hier ein paar Impressionen. Klickt die Bilder zum Vergrößern an.
Eine der ARR-Regionen.
Besonders die älteren Gebiete haben profitiert.
Der neue Spieler-Hub ist farblich satt.
Eine der beiden ersten neuen Gebiete in Dawntrail.
Neues Gebiet Nummer 2.
Wo ihr diesen Wald findet, werde ich aus Spoiler-Gründen nicht verraten.
Die Cutscenes sind mit Dawntrailer hochwertiger
Merkt man technische Verbesserungen in der Erweiterung? Final Fantasy XIV erzählt seine Story zu großen Teilen in Cutscenes. Was noch vergleichsweise statisch in A Realm Reborn beginnt, wurde mit jeder neuen Erweiterung besser und besser.
Jetzt in Dawntrail machen die Inszenierungen einen deutlichen Sprung nach vorne:
Die Kamerafahrten sind merklich dynamischer und abwechslungsreicher
Der eigene Charakter reagiert viel öfter und steht mehr im Mittelpunkt (der Mentorenrolle zum Trotz)
Die Handanimationen sind jetzt teilweise sichtbar und richtig gut animiert – bei früheren Erweiterungen hat sich Square Enix darum immer gedrückt
Action-Szenen sind mit neuen, schicken Effekten untermalt
Ich bin persönlich ein großer Fan von der Funktion, andere Spieler auszublenden, wenn ich an einem Quest-NPC stehe oder mit ihm interagiere.
Denn bei den Releases von Shadowbringer und Endwalker habe ich damals kaum noch Quest-NPCs gesehen: Die großen Trauben an Spielern um sie herum zum Launch machten das unmöglich, wenn man andere Spieler nicht ausblendet.
Jetzt stelle ich fest: Die NPCs bewegen sich ja sogar, wenn man sie anspricht.
Ein toller Single-Player, aber ich vermisse das MMO
Alles in Allem: Dawntrail ist ein schöner Single-Player, dessen Story mich (noch nicht) stresst. Eine willkommene Abwechslung nach den Universum bedrohenden Herausforderungen von Shadowbringer und Endwalker.
Genau das macht mich aber gleichzeitig stutzig: Eigentlich wollte das Entwicklerteam mehr MMO-Inhalte bringen. Allerdings fühlt sich Dawntrail nicht danach an.
Weil die beiden neuen Klassen Damage-Dealer sind, leidet das Gruppenspiel
Bislang habe ich nicht einen der Dungeons oder die eine Prüfung, die ich freigeschaltet habe, mit anderen Spielern gespielt. Mein Main ist Dragoon, also ein Angreifer. Dadurch, dass die beiden neuen Klassen ebenfalls Angreifer sind und alle diese jetzt hochleveln möchten, sind die Rollenwartezeiten für Kampfinhalte unerhört lang. Man wartet teilweise 60 Minuten auf eine Dungeon-Einladung.
Ich würde die Zeit dann gerne anderweitig nutzen, wenn ich schon weiß, dass es dauern wird. Zum Beispiel eine Spielpause einlegen: Den Hund Gassi führen, Einkaufen gehen oder die 32 Grad mit strahlender Sonne auf dem Balkon ausnutzen. Aber nach 30 Minuten Inaktivität loggt das Game einen aktuell aus. Dann bleiben nur noch andere In-Game-Inhalte – diese dürfen aber dann nicht der Warteschlange im Weg stehen.
Selbst wenn ich mich mit Freunden für einen Dungeon anstelle, heißt das nicht, dass ich schneller reinkomme: Weil es durch die zwei neuen Damage-Dealer zu wenig Tanks und Heiler gibt, wird die Wartezeit nur kürzer, wenn ihr diese Klassen ausfüllt.
Mein Fokus im Anspielen lag aber darauf, viel von der Erweiterung zu sehen. Also bin ich schlussendlich überall, wo es ging, mit den NPCs durchgestartet. Mit denen komme ich sofort in die Inhalte – ohne die lästige Wartezeit.
Ja, ich sehe andere Spieler. Aber interagiert habe ich mit ihnen bisher nur für kleine Herausforderungen in der Oberwelt. Es gibt für mich keinen Grund, Gruppen mit anderen Leuten zu bilden. Das Spiel macht es mir zu einfach, alles alleine zu erledigen, und zu langwierig, auf echte Mitspieler zu warten.
Level-Phase ist solo-lastig – MMORPG-Inhalte sollen nachgereicht werden
Final Fantasy XIV soll im Moment zwei verschiedene Arten Spieler bedienen: MMORPG-Fans und Story-Enthusiasten. Ich vermute, dass die verpflichtende Hauptstory für alle möglichst einfach und ohne Wartezeiten zu erledigen sein soll.
So sollen beide Gruppen auf ihre Kosten kommen: Der Story-Spieler kann ungestört rollenspielen, während der MMOler nicht mit langen Wartezeiten vom Erreichen des Endgames abgehalten wird.
Richtige MMORPG-Inhalte erwarten uns vermutlich erst im Laufe der Patches. Das neue Bozja oder die nächsten 8-Mann-Raids zum Beispiel. Bis dahin sind wir aber alle für den Moment alleine in der Menge unterwegs.
Ich persönlich liebe gute Storys in Spielen. Aber ich vermisse es, mit meinen Mitspielern interagieren zu müssen. Aktuell ist es sehr leicht, komplett alleine zu spielen. Das mag für so manchen gut sein, wer aber mit Final Fantasy XIV zu Dawntrail anfängt und ein MMORPG erwartet, wird zumindest bis zum Level-95-Dungeon vergeblich danach suchen.
Und ich kann noch nicht einmal mit meinen Freunden darüber sprechen, weil ich nicht weiß, wer gerade was freigeschalten hat. Ich bin die Letzte, die anderen ausversehen die Story spoilern möchte.
Regulär logge ich mich ein, wir machen unsere Dailys und gehen dann ins Endgame – egal ob es Raids, Prüfungen oder Schatzkarten sind. Jetzt im Moment ist aber jeder mit dem Leveling-Prozess beschäftigt. Und der ist in Dawntrail leider sehr einsam.
Ob der Content-Mix in Dawntrail gut oder schlecht ist, müsst ihr am Ende für euch selbst entscheiden. Persönlich fände ich es aber schöner, wenn meine Mitspieler mehr wären, als die Zonen bevölkernde NPCs, denen ich vermutlich nie wieder über den Weg laufen werde.
Der Launch der Erweiterung verlief übrigens im Vergleich mit früheren Erweiterungen recht gut. Eventuell dem wirklich sehr guten Wetter geschuldet hatte ich nur zum initialen Log-In am zum Early-Access-Start eine Log-In-Schlange von mehr als 1.500 Personen vor mir.
Seither ist alles recht normal mit maximal 36 Leuten, die sich vor mir eingereiht haben. Die europäischen Server hielten am Wochenende auch Stand. Zu den wenigen tatsächlich auftretenden Bugs (Grüße gehen an dieser Stelle an Amon in dem Syrcus Tower-Raid raus), hat sich Naoki Yoshida auch schon in einem Blog-Post gemeldet: Final Fantasy XIV: Die neue Erweiterung ist live und schon entschuldigt sich der Chef für Fehler
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