MeinMMO-Autorin Fabienne Kissel spielte über 10 Jahre lang nur Heiler in MMORPGs und anderen Games. Aber jetzt spielt sie endlich einen DD in Final Fantasy XIV und möchte nie wieder zurück.
Über 10 Jahre lang war ich die Heiler-Freundin in MMORPGs und anderen Spielen. Egal ob in World of Warcraft, Final Fantasy XIV, League of Legends oder Overwatch – meine Rolle war klar: Ich heilte, unterstützte und sorgte dafür, dass meine Gruppe am Leben blieb. Doch diese Ära hat nun ein Ende. In der neuen Erweiterung Dawntrail von Final Fantasy XIV spiele ich jetzt einen Damage Dealer (DD), und ich liebe es!
Spoiler: Es werden Bilder aus der Stadt Tuliyollal gezeigt.
Autoplay
Warum ich mich jahrelang für den Heiler entschied
Ehrlich gesagt, fühlte ich mich von Anfang an zur Rolle des Heilers und Supporters hingezogen. Vielleicht lag es daran, dass ich gerne anderen helfe und mir das schlichtweg Spaß machte. In Raids war ich mit anderen Heilern diejenige, auf die man sich verlassen konnte und die ihr Team beschützt hat. Jemandem das Leben zu retten, ihn zu heilen oder ihm Schilde zu geben, hat mir einfach ein gutes Gefühl gegeben.
Ob als Priester oder Druide in WoW, als Weiser in FFXIV, als Supporter in LoL oder sogar als Kleriker der Domäne des Lebens in Baldur’s Gate 3 – ich war immer als Heilerin unterwegs und habe mich damit wohlgefühlt.
Meine Herausforderung und die Klischees als Heiler-Freundin
Doch genau diese Rolle bringt auch so manche Herausforderungen und typische Klischees mit sich. Oft wurde ich belächelt, als das typische Heiler-Girl, die sich nicht traut, in die Damage-Rolle zu schlüpfen und lieber ihren Freund heilt.
In Final Fantasy XIV ist es typisch, dass man auch als Heiler ordentlich Schaden machen kann. In den Kämpfen ist man nicht nur am Heilen, sondern verursacht auch einiges an Schaden – und das Konzept finde ich richtig klasse.
Dennoch fühlte ich mich manchmal als Heiler wie der Side-Character. Vielleicht liegt es auch nur an meiner Perspektive? Aber es schien mir oft, als läge der Fokus stets auf den DDs und ihrer Leistung, während ich als Heiler im Schatten stand.
Fiese Kommentare und sexistische Äußerungen blieben nicht aus
In MMORPGs hatte ich bisher das Glück, als Heilerin noch keine negativen Erfahrungen mit Kommentaren von anderen Spielern gemacht zu haben. In anderen Spielen hingegen war das leider anders.
Wehe, man spielte als Supporter Yuumi in League of Legends und verwendete auch noch einen erkennbar weiblichen Namen.
Da kamen häufiger Kommentare wie: „Du spielst die, weil du sonst nichts kannst“, Ich hoffe, du stirbst oder ich wurde als dummes E-Girl und Schlampe bezeichnet, was im Vergleich zu anderen Erfahrungen noch harmlos ist. Wenn ich in Valorant die Support-Agentin Sage spielte und im Voice-Chat sprach, kam es sehr häufig zu sexistischen und beleidigenden Kommentaren. Das führte sogar dazu, dass ich die Lust an Valorant verlor.
Häufig hatte ich das Gefühl, dass man mich wegen meines Geschlechts automatisch als schlechte Spielerin ansah, obwohl das nicht der Fall war. Auch, wenn natürlich jeder mal einen schlechten Tag hat oder nicht überall gut sein kann. Dieses Image nagte an mir, doch ich blieb der Rolle jahrelang treu – bis jetzt.
Der Wechsel zum DD war die beste Entscheidung
Der Wendepunkt kam, als in der Final Fantasy XIV-Raid-Gruppe meines Freundes ein DD-Platz frei wurde. Ich wollte unbedingt dabei sein, aber das hieß, aus meiner Komfortzone auszubrechen und eine völlig neue Rolle zu übernehmen.
Sofort machte ich mir Sorgen: „Was, wenn ich nicht genug Schaden mache? Was, wenn ich die Erwartungen nicht erfülle? Und wie zum Teufel spiele ich meine Rotation?!“
Aber ich habe es gewagt und bin zum Damage Dealer gewechselt, genauer gesagt zu einem physischen Fernkampf-Angreifer (Physical Range) in Final Fantasy XIV. Ursprünglich neigte ich zum Maschinisten oder Barde, doch letztlich habe ich mich erstmal für den Tänzer (Dancer) entschieden. Optisch sprechen mich die Skills und Animationen am meisten an. Außerdem wurde mir der Tänzer ans Herz gelegt, weil dieser Job als der einfachste Physical Range gilt.
Mit dem Wechsel zum Tänzer entschied ich mich auch für ein Volk-Wechsel – von der Miqo’te zu Hyur.
Der Tänzer verursacht nicht nur guten Schaden, sondern bringt auch unterstützende Fähigkeiten mit. Sein großer Tanz (Raid-Cooldown) erhöht 20 Sekunden lang den Schaden der gesamten Gruppe. Zudem kann der Tänzer einem ausgewählten Tanzpartner eigene Buffs verleihen.
Die Sache mit dem Tanzpartner finde ich großartig, weil ich denjenigen mit meinen Damage-Buffs unterstütze und gleichzeitig selbst von ihm profitiere. Mein Tanzpartner hilft mir dabei, meine Ressourcen für starke Damage-Skills aufzufüllen. Zusätzlich besitze ich als Tänzer einen kleinen Heal, der nur meinen Tanzpartner und mich heilt.
Ich bin stolz, wenn die Schadenszahlen durch die Decke gehen
Es macht mir um Längen mehr Spaß als DD zu spielen. Für mich persönlich wirken die Kämpfe mit dem Tänzer spannender und dynamischer als mit dem Weisen (Heiler). Auch wenn ich mit dem Weisen einen der schwersten Kämpfe (Dragonsong’s Reprise Ultimate) in Final Fantasy XIV geschafft habe und ich da ordentlich zu tun hatte. Ich kam bei dem Kampf wirklich an meine Grenzen.
Doch als DD fühle ich mich insgesamt freier und bin noch ehrgeiziger, weil ich unbedingt viel Schaden austeilen möchte. Ich bin stolz darauf, wenn es mir gelingt.
Meine letzte Tat als Heiler (Weiser/Sage) war der Ultimate Dragonsong’s Reprise.
Ehrlich gesagt zählt der Tänzer nicht zu den Top-DPS. Und ja, er unterstützt mit Buffs die Gruppe, seinen Tanzpartner und sich selbst – was ihn für mich als langjährige Main-Heilerin definitiv attraktiver macht.
Aber der Nervenkitzel, wenn ich eine perfekte Rotationsfolge hinlege, ist unbeschreiblich.
Verglichen mit meiner Zeit als Heiler, fühle ich mich mehr gesehen und mehr als Teil des Geschehens. Ich bin nicht die stille Unterstützerin im Hintergrund, sondern aktiver im Kampfgeschehen. Ich fühle mich wie der verdammte Main-Character.
Das heißt nicht, dass ich nicht gerne auf meine Zeit als Heiler zurückblicke – das tue ich definitiv. Doch jetzt, wo ich die Welt der DDs entdeckt habe, möchte ich nicht mehr zurück. Die neue Rolle hat mir eine ganz andere Perspektive eröffnet und meinen Spielspaß enorm gesteigert.
In Zukunft plane ich, meine Skills als DD weiter zu verbessern und neue Herausforderungen zu meistern. Momentan steht auf dem Plan, mit meiner Gruppe das kommende neue Raid-Tier auf der schwierigsten Stufe (Savage) zu schaffen. Ich habe auch definitiv vor, den neuen Eden-Ultimate als Dancer zu machen. Doch das hat zum Glück noch ein bisschen Zeit – so kann ich noch mehr üben.
Was ich noch sagen möchte, wenn es euch so ähnlich geht wie mir: Traut euch die Rollen zu wechseln und was anderes auszuprobieren. Spielt einfach das, worauf ihr persönlich Bock habt und kümmert euch nicht um Klischees und Vorurteile. Als Heiler habe ich vor meiner DD-Ära einen der schwierigsten Kämpfe in Final Fantasy XIV gemeistert, aber machte dabei einen fatalen Fehler.
Der Beitrag Jahrelang war ich das „Klischee-Heiler-Girl” in MMORPGs – Jetzt spiele ich einen DD und ich liebe es erschien zuerst auf Mein-MMO.de.