Zack & Wiki: Der Schatz von Barbaros – im Klassik-Test (Wii)

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Spiel:Zack & Wiki: Der Schatz von BarbarosPublisher:CapcomDeveloper:CapcomGenre:AdventureGetestet für:WiiErhältlich für:WiiUSK:6Erschienen in:2 / 2008

Quietschbunte Cartoon-Optik? Check. Lausbub mit hohem Identifikationspotenzial als Hauptfigur? Check. Putziges Äffchen mit Knuddelfaktor als Kumpan? Check. Die Charaktere sprechen alle mit lustig klingenden Fantasielauten? Check. Und selbst die Schurken sehen irgendwie niedlich aus? Check. Dann muss das doch ein Spiel für Kinder sein, oder? Nein.
Wer Zack & Wiki: Der Schatz von Barbaros zum ersten Mal sieht, der muss zwangsläufig auf obigen Gedanken und die damit verbundene Fehleinschätzung kommen. Die Abenteuer von Jung-Pirat und Flugäffchen sehen in der Tat so aus, als ob sie mitten im Anime-Müll des nachmittäglichen Privatsender-Programms gut aufgehoben wären. Doch wer sich nicht die Mühe macht, hinter die Kulissen zu schauen, verpasst ein ­gelungenes Point’n’Click-Abenteuer, das die Tugenden des klassischen Genres vorzüglich mit japanischer Originalität kreuzt und sich in Sachen Anspruch an erwachsene Spieler richtet.

Als einziges menschliches Mitglied einer Truppe von Piratenhasen stößt der junge Zack auf die Überreste des legendären Freibeuters Barbaros. Der wurde in eine Reihe mechanischer Teile verwandelt, die wiederum in Schatzkisten landeten. Um an die Belohnung und Bauteile des verfluchten Piraten zu kommen, macht Ihr Euch prompt auf den Weg ins Abenteuer.

Während viele Entwickler daraus ein weiteres dröges Jump‘n‘Run gemacht hätten, lässt sich Capcom von LucasArts & Co. inspirieren. Ihr steuert Zack und Wiki nicht direkt, sondern gebt per Remote-Deutung und Knopfdruck an, wohin das Duo gehen oder welche Geräte es benutzen soll. Von Letzteren gibt es reichlich, zumal sogar die Tierwelt in den Levels für Eure Zwecke eingespannt werden kann: Wiki ist nämlich ein magisches Geschöpf, das eine Zweitrolle als Zauberklingel spielt und damit andere Kreaturen in Werkzeug verwandelt. So wird etwa aus einer Schlange ein Greifarm oder aus einem bissigen Käfer eine Säge. So gewonnene Hilfsmittel benutzt Ihr sogleich, indem Ihr auf passende Einsatzstellen klickt und dann die dazugehörigen Bewegungen mit der Remote ausführt – auch das Drehen von Schlüsseln oder Betätigen von Hebeln wird mit einfachen Gesten erledigt. Schon hier ist es wichtig, dass Ihr auch kleine Details im Auge behaltet und für alle Eventualitäten gerüstet seid: So kann z.B. ein Regenschirm nicht nur aufgespannt werden. Wenn Ihr ihn durch einen Wackler mit der Fernbedienung um 180 Grad dreht, dient der Griff prompt zum Einhaken in Zugringen…

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Überwiegend hängt der Erfolg oder das Scheitern Eurer Bemühungen, in den zwar räumlich meist kleinen, aber mit kniffligen Rätseln vollgestopfen Szenarien den Weg zur Schatzkiste zu finden, von Eurem Gehirnschmalz ab. Nahezu alle Hindernisse lassen sich durch die kluge Kombination von Gegenständen lösen, Geschicklichkeit wird nur selten gefordert. Das ist auch ganz gut so, denn obwohl die automatische Wegfindung ordentlich funktioniert, passiert es in hektischen Momenten leicht, dass Ihr am Ziel vorbei klickt oder Zack just im ungünstigsten Augenblick irgendwo hängen bleibt. Solche Fehler führen in der Regel zum Ableben und einem Neubeginn des Levels – es sei denn, Ihr habt ein ­Wiederbelebungsticket in der Tasche. Diese sind eine gute Idee, aber kostspielig und werden vor allem mit jedem Einsatz teurer… Umso ärgerlicher, dass Ihr sie gerade in der zweiten Hälfte des Spiels ­gerne häufiger einsetzen würdet. Denn dann tauchen vermehrt Fallen auf, deren einmaliges Auslösen kaum vermeidbar erscheint oder Ihr manövriert Euch durch eine unbedachte Aktion in eine Sackgasse. Das wird Euch übrigens nicht automatisch mitgeteilt, dazu müsst Ihr im Tipp-Menü erst die gute Hilfe-Fee fragen, deren Hinweise noch dazu gerne recht schwammig ausfallen.

Obwohl das recht negativ klingt und es dem Abenteuer letztlich den Sprung in Prädikatsregionen verwehrt, überwiegen die Vorteile von Zack & Wiki so stark, dass Zocker mit Faible für anspruchsvolle Knobeleien sich drauf einlassen sollten. Oft sind die Rätsel so knackig oder kompliziert, dass Ihr eine ganze Weile grübelt – fällt der Groschen aber, ist die Befriedigung nach erfolgreicher Lösung umso größer.

Sammlernaturen freuen sich zudem über zahlreiche Geheimnisse: In fast jedem Level finden Adleraugen gut versteckte Schätze, die schon mal ein skurriles Drehorgel-Minispiel mit Melodien klassischer Capcom-Oldies zu Tage fördern oder witzige Pixelmotive ausspucken.

Meinung

Ulrich Steppberger meint: Ich wüsste gerne, was sich die Entwickler bei Zack & Wiki gedacht haben: Irgendwem muss doch mal aufgefallen sein, dass Aufmachung und Anspruch nicht ganz zusammenpassen. Wer das Spiel für seinen Nachwuchs kauft, wird die lieben Kleinen wahrscheinlich in den Wahnsinn treiben – wenn Papa (oder Mama) aber selber Gefallen an kniffliger Rätselkost finden, sind sie genau richtig. Die Abenteuer des knuffigen Duos sehen putzig aus und glänzen mit haufenweise originellen Ideen und Aufgaben, die sich mit der handlichen Remote-Kontrolle gut bewältigen lassen. Gestört hat mich nur, dass später häufiges Wiederholen der Levels zur Regel wird, was gelegentlich nervt.

André Kazmaier meint: Ein stabiles Nervenkostüm ist Grundvoraussetzung für Zack & Wiki. Dann aber haben Knobel-Fans ihre helle Freude damit. Ich war schon lange nicht mehr so begeistert von einem Adventure. Bei manchen Stages fühlte ich mich in die Hochzeit des Genres zurückversetzt: Der oben abgebildete Bildersaal etwa erreicht in puncto Rätseldesign LucasArts-Niveau – das will was heißen! Ohnehin hat mir Zack & Wiki die Hoffnung zurückgegeben, dass Adventures auf Konsole ein Revival erleben könnten. Denn: So komfortabel wie hier hat sich das Ganze noch nie steuern lassen. Lediglich die Musik-Rhythmus-Einlagen wollen bei mir partout nicht funktionieren. Und Capcom, bitte beim (hoffentlich erscheinenden) Nachfolger den Frustfaktor senken!

Jan Königsfeld meint: Im Prinzip kann ich mich dem Kollegen Steppberger nur anschließen: Das Spiel ist viel schwieriger, als der Look es vermuten lässt. Die Präsentation fällt aber stimmig aus und die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten der Remote sorgen für ein erfrischend anderes und spaßiges Spiel­erlebnis. Schade nur, dass die an sich tadellose Steuerung in hektischen Szenen zur Ungenauigkeit tendiert – so latschte Zack des Öfteren ins Verderben, weil der Pointer am falschen Level-Element hängen blieb.

Wertung

klassicher Point & Click-Ansatz mit Schwerpunkt auf Rätseln
24 Levels in 7 Szenarien
zahlreiche Werkzeuge, die durch Remote-Gesten gesteuert werden
viele versteckte Extras

Wolf im Schafspelz: Hinter der kindlichen Kulisse verbirgt sich ein ebenso knackiges wie motivierendes Rätsel-Abenteuer.

Singleplayer80MultiplayerGrafikSound

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