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Traurig, aber wahr: Neben zahlreichen, gelegentlich zu Unrecht gehypten Titeln droht manch tolles Spiel unterzugehen. Gegen diese Gefahr wird sich auch Frontlines: Fuel of War behaupten müssen.
Wie zahlreiche Konkurrenztitel innerhalb des Genres setzt auch Frontlines auf die Unreal Engine 3. Dementsprechend haben wir es hier wieder mit einer Handvoll futuristisch anmutender Soldaten zu tun, die mehr Muskeln als Wiedererkennungswert besitzen. Die Story klingt hingegen interessant: In naher Zukunft steht die Welt von Hungersnöten und Naturkatastrophen gebeutelt am Abgrund. Zwischen der Westkoalition und der Rotstern-Allianz tobt ein erbitterter Krieg um die letzten Ölreserven. Euer Einsatz als Soldat der westlichen ’Stray Dogs’-Einheit beginnt an der Front in Turkmenistan am Kaspischen Meer. Im weiteren Verlauf gilt es, durch die Übernahme feindlicher Stützpunkte die Frontlinie nach Moskau zurückzudrängen, um die Allianz Russlands mit China zu zerschlagen.
35 Missionsziele stehen im Verlauf der sieben Kapitel zwischen Euch und dem Sieg. Wie Ihr diese bewältigt, ist Euch überlassen, denn innerhalb der riesigen Areale bestimmt Ihr Reihenfolge und Vorgehensweise fast immer selbst. Meist müsst Ihr feindliche Camps oder Festungen einnehmen und halten oder Raketenbasen zerstören. Ungeduldige Naturen stürmen mit den mal mehr, mal weniger hilfreichen KI-Kameraden durch den Vordereingang, während vorsichtige Spieler einen unbewachten Zugang auf der Rückseite aufspüren. Ihr könntet auch aus der Ferne einen Luftangriff befehlen oder mit dem Scharfschützengewehr erst einmal feindliche Raketenwerfer ausschalten oder… oder… oder…
Noch unterhaltsamer wird das virtuelle Kriegsspiel durch den Einsatz von zahlreichen Fahrzeugen und High-Tech-Drohnen. Sucht nach nicht zerstörbarer Deckung, schickt dann einen ferngesteuerten Mini-Hubschrauber los und jagt damit Raketen auf feindliche Geschützstellungen. Infanteristen erledigt Ihr mit der fahrbaren Minigun, Fahrzeuge sprengt Ihr in die Luft, indem Ihr ein kleines Gefährt an Soldaten vorbeibugsiert und unter den Vehikeln detonieren lasst. Aber Vorsicht: Entfernt sich Eure Drohne zu weit, bricht die Funkverbindung ab und Ihr verliert die Kontrolle.
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Solltet Ihr trotz vielfältiger Angriffsmöglichkeiten das Zeitliche segnen, dürft Ihr nicht nur bestimmen, an welchem Eurer eroberten Stützpunkte Ihr wieder ins Spiel einsteigt. Ihr habt je nach Mission sogar die Wahl aus einer Handvoll verschiedener Charakterklassen, die sich in puncto Ausrüstung unterscheiden. Im Kampf gegen gepanzerte Fahrzeuge oder Helikopter empfiehlt sich ein Soldat mit schwerem Geschütz logischerweise eher als der Scharfschütze.
Obwohl sich die Missionsziele stets ähneln, wird Frontlines zu keiner Zeit langweilig, denn es gibt eine Menge auszuprobieren. Kleine Siedlungen wechseln sich ab mit Militärstützpunkten und weitläufigen Fahrzeuggefechten. Einzig die Möglichkeit, Euren Teammitgliedern Befehle zu erteilen, fehlt gelegentlich. Hier und da verhalten sich die nämlich nicht besonders clever und dienen nur als schmückendes Beiwerk für die Krach-Bumm-Schepper-Atmosphäre. In diesen Momenten freute ich mich besonders auf die Online-Kämpfe. Details zu den Mehrspieler-Modi findet Ihr im Kasten links.
Im Gegensatz zu vielen anderen Ego-Shootern habt Ihr in Frontlines nie das Gefühl, Euch durch einen engen Levelschlauch zu bewegen. Vielmehr erinnert der gesamte Spielaufbau angenehm an die epischen Online-Schlachten der Battlefield-Serie.
Technisch sorgt Frontlines hingegen für gemischte Gefühle: Raketen zischen vorbei, Soldaten brüllen, Granaten detonieren und aus der Ferne vernehmt Ihr das dumpfe Grollen herannahender Panzer – in diesen Momenten seid Ihr mittendrin. Die Grafik ist an sich sehr gut gelungen, bei Kämpfen auf freiem Feld und in Stadtgebieten gerät die Bildrate jedoch mitunter heftig ins Stocken. Auch der Detailgrad schwankt je nach Schauplatz. Hier macht Call of Duty 4 eine bessere Figur, was aufgrund der linearen Levels aber nicht weiter verwundert.
Weitere Ungereimtheiten: Mit Panzern bleibt Ihr schon mal an einfachen Metallzäunen hängen anstatt sie platt zu walzen. Die Steuerung ist gewöhnungsbedürftig, denn mit der Y-Taste öffnet Ihr das Waffenmenü, der linke Stick bestimmt anschließend die Wumme Eurer Wahl. Umständlicherweise wählt Ihr auch die Granatwerferfunktion Eures Sturmgewehrs über diesen Weg. Noch seltsamer: Drückt Ihr den linken Knüppel, duckt Ihr Euch. Nochmal drücken zum Hinlegen, ein drittes Mal zum Aufstehen. Das nervt jedoch nur so lange, bis Ihr entdeckt, dass man auch per Sprungtaste aufstehen kann. Die deutsche Synchronisation lässt Eure Kameraden dauernd Blödsinn reden, also schnell auf Englisch umstellen.
Allen Mängeln zum Trotz ist Frontlines ein Hit, der Solisten ein rund zehnstündiges Ego-Spektakel der ungewöhnlichen Art bietet und online bzw. via System-Link noch mehr Spaß macht.
Meinung
Michael Herde meint: Anfangs war ich skeptisch, denn die gesichtslosen Charaktere der ’Stray Dogs’-Einheit wirkten recht beliebig. Nach kurzer Zeit war ich jedoch von den spielerischen Möglichkeiten begeistert: Nonlineare Missionsstrukturen findet man schließlich längst nicht in jedem Shooter. Die Technik-Gimmicks sind allesamt sinnvoll und sorgen zusammen mit den Vehikeln für ein dickes Plus an Spieltiefe. Wenn ich aber Sätze wie ”Schöner Tag. Schade, dass ich ihn mit Blut füllen muss!” höre, verliert die packende Kriegsatmosphäre an Ernsthaftigkeit. Ansonsten überzeugt Frontlines trotz kleiner Mängel und macht eine Menge Laune. Mit menschlichen Mitstreitern sind die taktischen 32-Mann-Schlachten im Internet enorm abwechslungsreich.
Wertung
Nettospielzeit für Einzelkämpfer: ca. 10 Stunden
kontrolliert High-Tech-Drohnen und Vehikel
2 Online-Spieltypen: Fronten + Trupps
bis zu 32 Spieler pro Karte
8 Karten für Online-Matches
Epische Massenschlachten, clevere Waffen und vielfältige Möglichkeiten machen ”Frontlines” zum Hit für Sandkastenkrieger.
Singleplayer87MultiplayerGrafikSound