Schweden kehrt nach 15 Jahren zu traditionellen Bildungsmethoden zurück: Mit 104 Millionen Euro für gedruckte Bücher und anderen Reformen soll ein neuer Fokus gesetzt werden.
Das ist die Situation in Schweden: Schweden gilt schon lange als Vorreiter in der Digitalisierung der Bildung. Ab 2009 wurden klassische Lehrbücher durch Tablets, Computer und digitale Lernplattformen ersetzt. Die Idee dahinter war, den Unterricht moderner, interaktiver und effizienter zu gestalten. Doch der Plan scheint nicht aufzugehen.
Künstliche Intelligenz in einer Spionagebrille? Was es damit auf sich hat, könnt ihr euch hier ansehen:
Autoplay
Nach Jahren mit digitalen Geräten im Unterricht zeigen neuste Studien und Empfehlungen des Karolinska-Instituts und der UNESCO gravierende Problemfelder auf:
Sinkende Lese- und Schreibfähigkeit: Schwedische Schüler konnten längere Texte schlechter verstehen und hatten Probleme mit analytischem Lesen. Vor allem jüngere Kinder sind davon betroffen.
Konzentrationsprobleme: Kinder und Jugendliche ließen sich durch Spiele und soziale Medien ablenken.
Trotz eines weiterhin hohen Bildungsniveaus beobachtet die schwedische Regierung eine allgemeine Abnahme kritischer Denkfähigkeiten sowie eine übermäßige Abhängigkeit von digitalen Medien. Viele Eltern in Schweden bemängeln zudem, dass ihre Kinder diese Geräte vor allem zur Unterhaltung und weniger für das Lernen nutzen, berichtet 3DJuegos.
Was soll nun geändert werden? Angesichts der aktuellen Entwicklungen hat sich die schwedische Regierung unter Bildungsministerin Lotta Edholm für eine grundlegende Neuausrichtung im Bildungswesen entschieden.
Edholm, die Teil der Mitte-Rechts-Koalition ist, welche Schweden seit knapp einem Jahr regiert, setzt damit auf eine Rückkehr zu traditionellen Lehrmethoden. Der 2009 initiierte Digitalisierungskurs soll jetzt teilweise zurückgenommen werden – Mit einem klaren Maßnahmenpaket:
bis zu 104 Millionen Euro für gedruckte Lehrbücher: Bis 2026 sollen alle Schulen wieder vollständig mit physischen Lehrmaterialien ausgestattet werden, um nachhaltigeres Lernen zu fördern.
Einschränkungen für digitale Geräte: Tablets und Smartphones werden im Unterricht künftig nur noch begrenzt eingesetzt.
Fokus auf klassische Lehrmethoden: Lehrer werden verstärkt auf traditionelle Unterrichtsformen geschult, um eine Kombination an Lehrmethoden anzubieten.
Ansonsten soll die Verpflichtung abgeschafft werden, dass bereits Kitas digitale Geräte bereitstellen müssen. Für Kinder unter sechs Jahren soll digitales Lernen komplett gestrichen werden. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die Grundlagenbildung zu verbessern und Schüler wieder zu nachhaltigerem und konzentrierterem Lernen zu befähigen.
Ein hybrides Modell als Lösung
Was bedeutet das für die Zukunft? Die Kehrtwende wird international aufmerksam beobachtet. Schweden, einst EU-weit als Vorbild für moderne Bildung gefeiert, zeigt mit dieser Entscheidung, dass Digitalisierung nicht immer der einzig richtige Weg ist.
Der UNESCO-Weltbildungsbericht 2023 macht deutlich, dass „aktuell noch zu wenig belastbare Daten über die Effekte digitaler Technologien im Bildungsbereich vorliegen“. Häufig würden diese von den kommerziellen Anbietern der Technologien selbst stammen.
Ein hybrides, also kombiniertes Lernmodell, das digitale und analoge Arbeitsmittel kombiniert, soll die Lernmotivation und den Lernerfolg der Schüler fördern. Digitale Medien bieten interaktive und multimediale Inhalte, die das Verständnis komplexer Themen erleichtern, während analoge Materialien die Feinmotorik und das tiefere Textverständnis unterstützen.
Neuere Forschungsergebnisse (via Springer) zeigen, dass die Kombination beider Ansätze längerfristig zu besseren Lernergebnissen führen können. Aufgrund der Aktualität und der Geschwindigkeit technischer Entwicklung sowie Einsatz im Schulalltag bedarf es jedoch andauernder Untersuchung und Beobachtung.
Andere Länder wie Frankreich (via deutsches Schulportal) haben bereits radikalere Maßnahmen getroffen, indem sie etwa Smartphones in Schulen verboten haben. Ob Schweden mit der Rückkehr zu Büchern tatsächlich eine Verbesserung erreicht, bleibt abzuwarten.
Wenn die Nutzung von digitalen Hilfsmitteln in der Schule zu weit geht, kann es auch zu Problemen kommen. Ein US-Schüler setzte KI für seine Hausaufgaben ein und wurde dafür von seiner Schule verklagt. Die Geschichte könnt ihr hier nachlesen: Zwei Schüler wurden bestraft, weil sie KI für eine Aufgabe einsetzten – Das Gericht entschied, dass der Lehrer richtig handelte.
Der Beitrag Schweden entschied sich 2009 dafür, Bücher durch Computer zu ersetzen – Wegen einer falschen Entscheidung will man vieles rückgängig machen erschien zuerst auf Mein-MMO.de.