Der neue Bericht von Branchen-Experte Joost van Dreunen zeichnet ein düsteres Bild von der Zukunft für Publisher Ubisoft. Wertvolle Franchises wie Rainbow Six und Assassin’s Creed könnten bald zum Verkauf stehen.
Wie fällt die Analyse des Experten aus? Der bekannte Branchen-Insider, Buchautor und Professor Joost van Dreunen hat in seinem jüngsten Artikel auf superjoost.substack.com unter anderem die aktuelle Situation von Ubisoft analysiert. Seine Beobachtungen:
Der rasche Niedergang von XDefiant spiegelt „tiefere strukturelle und kulturelle Probleme innerhalb des Unternehmens wider.“
Laut internen Quellen soll die Führung von Ubisoft kritische Analysen unterdrücken. Die Entscheider würden der Entwicklung neuer Inhalte stets Vorrang vor der Lösung grundlegender Probleme geben.
Die Führung habe nicht erkannt, wie wichtig es ist, die Spieler nicht nur als Konsumenten von Inhalten zu behandeln, sondern als aktive Teilnehmer, die einen aktiven, sinnvollen Beitrag innerhalb ihrer Community leisten können.
XDefiant ist nur ein Glied in einer langen Kette aus Fehltritten. „Die strategischen Auswirkungen für Ubisoft sind erheblich.“ Der Aktienkurs ist im Jahresvergleich von 28,19 US-Dollar auf 12,30 US-Dollar gesunken.
Das verschobene Assassin’s Creed Shadows muss ein Erfolg werden, doch es steht in direkter Konkurrenz mit Ghost of Yotei, dem Nachfolger des enorm erfolgreichen Open-World-Abenteuers Ghost of Tsushima.
Assassin’s Creed Shadows erscheint im Februar 2025 – hier einer der Trailer:
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Welche Schlüsse zieht der Experte daraus? Durch den aktuell sehr niedrigen Aktienkurs ist Ubisoft ein überaus attraktives Übernahmeziel. Als wahrscheinlichster Kandidat wird dabei seit Jahren schon der chinesische Konzern Tencent genannt, der 49,9 Prozent der Anteile von Guillemot Bros besitzt, dem größten Anteilseigner von Ubisoft.
Joost van Dreunen glaubt aber auch, dass die Ubisoft-Verantwortlichen (lies: die Familie Guillemot) diese Übernahme weiterhin mit allen Mitteln verhindern möchten. Daher wird es seiner Einschätzung nach im kommenden Jahr zu einer Demontierung und Privatisierung von Ubisoft kommen.
Dazu würde es wiederum gehören, die wertvollsten Vermögenswerte zu veräußern – zu denen etwa Marken wie Assassin’s Creed, Rainbow Six oder Far Cry gehören. Diese würden einzeln nämlich deutlich mehr Geld einbringen als es bei einem Gesamtpaket der Fall wäre.
„Vielleicht ein Masterplan der Familie Guillemot“
Wie bewertet die Community den Bericht? Auf Reddit wird die Analyse von Joost van Dreunen heiß diskutiert – der Post aus der vergangenen Nacht kommt bereits auf mehr als 11.670 Upvotes und mehr als 1.080 Kommentare.
llgabomination sieht ebenfalls keine Zukunft für Ubisoft (via Reddit): „Ich muss wohl auch ein Branchenexperte sein, denn Ubisoft ist auf jeden Fall kurz davor, zu implodieren.“
CryMoreFanboys würde die Privatisierung gut finden (via Reddit): „Valve war während seiner gesamten Existenz ein privates Unternehmen, was nicht bedeutet, dass Ubisoft eines Tages wie Valve werden wird, aber es bedeutet einfach, dass keine Aktionäre mehr Druck auf sie ausüben werden, immer mehr Gewinne zu machen, indem sie ihre Spiele zunehmend monetarisieren.“
LolliPopinskiLolliPopinski hofft auf Reddit: „Ich hoffe, sie verkaufen das Tom-Clancy-Zeug, ich will ein richtiges Rainbow 6 und Ghost Recon, das mehr an die Originalteile angelehnt sind.“
montrealien kritisiert den Bericht auf Reddit: „In dieser Analyse werden nur die negativen Aspekte herausgegriffen, während die allgemeinen Stärken von Ubisoft und der Branchenkontext außer Acht gelassen werden.“
AnotherGerolf spekuliert auf Reddit: „Vielleicht ist es ein Masterplan der Familie Guillemot, den Aktienkurs auf Ramschniveau zu bringen und dadurch Ubisoft wieder in die Privatwirtschaft zu überführen.“
Muss Ubisoft Rainbow Six verkaufen? Viele Spieler hätten Lust auf einen neuen Teil der Reihe.
Wie bewertet MeinMMO-Redakteur Karsten Scholz die Situation bei Ubisoft? Es ist bereits einige Jahre her, da kamen die sympathischsten Auftritte auf der größten Branchen-Messe der Welt (ich meine natürlich die E3, Ruhe in Frieden!) stets aus dem Hause Ubisoft.
Zum einen, weil es auf der Bühne wunderbar menschelte, zum anderen, weil Ubisoft seinerzeit einen guten Mix aus kleinen Perlen und spannenden AAA-Produktionen vorstellte. Über die heute berühmt-berüchtigte Ubisoft-Formel für Open Worlds sprach damals noch niemand.
Seitdem hat sich aber viel verändert:
Blockbuster-Spiele wie Watch Dogs und The Division entfesselten beim Release Downgrading-Vorwürfe, weil die finalen Versionen weniger hübsch waren als die im Vorfeld gezeigten Preview-Fassungen.
Ubisoft fokussierte sich auf große Welten, die mit jedem Assassin’s Creed, Far Cry oder Watch Dogs immer formelhafter wirkten.
Statt kleinen Perlen gab es immer häufiger Spiele mit „Games as a Service“-Monetarisierung.
Seit 2020 sah sich Ubisoft immer wieder mit schweren Vorwürfen bezüglich sexuellen Fehlverhaltens von mehreren hochrangigen Ubisoft-Mitarbeitern oder schlechten Arbeitsbedingungen konfrontiert (via kotaku.com).
Beim Hype rund um Krypto-Games war Ubisoft ganz vorn mit dabei und entfesselte Shitstorms am Fließband (etwa für die Plattform Quartz – via kotaku.com – oder weil man Mitarbeiter mit Krypto-Geschenken von der neuen Strategie überzeugen wollte – via kotaku.com).
Viele Spiele bei Ubisoft laufen durch die Entwicklungshölle – wie etwa Skull & Bones oder Beyond Good & Evil 2. Von denen, die erscheinen, bleiben viele hinter den Erwartungen zurück.
Hinter Ubisoft liegen einige Finanzquartale mit (Rekord-)Verlusten (via ubisoft.com). Der Aktienkurs krachte immer tiefer. Bereits Anfang 2023 kam es daher zu einem Notfall-Meeting, bei dem mehrere Projekte auf Eis gelegt und ein krasser Sparkurs entschlossen wurde.
Packt man all das zusammen, verwundert es nicht, dass es bereits seit Jahren Gerüchte zur Übernahme von Ubisoft gibt (etwa im April 2023, via kotaku.com). Schon 2016 hatte die Familie Guillemot einen Übernahme-Versuch durch Vivendi aggressiv bekämpft (via polygon.com). Fast zehn Jahre später dürfte aber auch die Masse an Standorten und (um die 20.000) Mitarbeitern manch einen potenziellen Käufer abschrecken.
Doch wie lange kann der schwierige Schlingerkurs von Ubisoft noch gutgehen? Bei Embracer hat ein kurz vor knapp missglückter Milliarden-Deal gereicht, um das ganze Kartenhaus in sich zusammenstürzen zu lassen. Meine These: Der Erfolg oder Misserfolg von Assassin’s Creed Shadows wird maßgeblich bestimmen, wie es bei Ubisoft im Jahr 2025 weitergeht.
Mit Prince of Persia: The Lost Crown hatte Ubisoft übrigens vor gar nicht langer Zeit einen vergleichsweise kleinen, aber feinen Plattformer veröffentlicht, der leider nicht erfolgreich genug war. Das Team wurde daher aufgelöst – Laut eines Leads von Baldur’s Gate 3 ist daran das Abo schuld
Der Beitrag Ubisoft könnte bald Assassin’s Creed verkaufen, weil die Chefs eine Übernahme durch chinesischen Konzern fürchten erschien zuerst auf Mein-MMO.de.
