Seit 8 Jahren warte ich auf den Nachfolger eines meiner Lieblingsspiele, aber das Genre stirbt gerade aus

Das Videospielgenre der Immersive Sims ist schon seit längerem auf dem absteigenden Ast. MeinMMO-Autor Christoph Waldboth findet das furchtbar schade, weil ausgerechnet eines seiner Lieblingsspiele deshalb keine Fortsetzung erhalten wird.

Dishonored 2 gehört zu meinen absoluten Lieblingsspielen. Und das verwundert mich kaum. Denn nicht nur spielt man darin einen schleichenden Meuchelmörder samt ziemlich cooler Fähigkeiten, Dishonored 2 ist auch eine richtig gute Immersive Sim.

Wem dieser Begriff nichts sagt: Spiele wie Bioshock, Prey, Deathloop oder Deus Ex sind Immersive Sims.

Sie werfen uns in eine komplexe Welt, und geben uns viel spielerische Freiheit an die Hand. Die Geschichte wird meist in Zwischensequenzen aus der Ego-Perspektive erzählt, sodass die bereits im Genre-Namen enthaltene Immersion nicht gebrochen wird. Einen großen Teil der Hintergrundgeschichte erfahren wir aus unzähligen Informations-Schnipseln in den Leveln.

Dishonored 2 erschien 2016, also schon vor 8 Jahren. Einen dritten Teil wird es wohl nicht geben. Das Entwicklerstudio Arkane geriet in den letzten Jahren zunehmend in Schwierigkeiten. Erst waren Titel wie Deathloop oder Prey trotz Kritikerlob kein großer, finanzieller Erfolg (via mcvuk.com), danach sorgte der Misserfolg des Ego-Shooters Redfall sogar für die Schließung von Arkane Austin.

Dass Dishonored 3 jemals erscheint, halte ich zum jetzigen Zeitpunkt für unwahrscheinlich. Generell macht es mich traurig, dass es das Genre nie ganz in den Mainstream geschafft hat.

Warum ich das Genre liebe

Ich könnte ewig darüber schwadronieren, was Immersive Sims für mich so gut macht. Das möchte ich euch ersparen, stattdessen nenne ich euch drei Punkte, die die Qualitäten im Wesentlichen zusammenfassen.

Eine Spielwelt zum Einsinken

Eine der großen Stärken von guten Immersive Sims sind ihre Spielwelten. Sie sind häufig sehr kreativ gestaltet und bleiben allein durch ihr Design in Erinnerung. Meine ersten Schritte in der Unterwasserstadt Rapture aus Bioshock etwa werde ich nie vergessen. Da öffnete sich mir eine mysteriöse Welt voller Gefahren. Ich wollte wissen, was an diesem Ort geschehen ist, und machte mich auf die Suche nach Antworten.

Unheimlich und faszinierend: Rapure aus Bioshock 1.

Ähnlich erging es mir auch in der Stadt Dunwall aus dem ersten Dishonored. Auf meinen Streifzügen über die Dächer und durch die Kanäle der versifften Stadt fühlte ich mich sofort wohl in dieser eigentlich ungemütlichen Umgebung.

Schon nach wenigen Spielstunden kennt man die Gegebenheiten, weiß, wie man sich am besten durch die Level bewegt und die Gegner auf möglichst clevere Art ausschaltet. Was mich zu Punkt 2 bringt.

Spielerische Freiheit wird großgeschrieben

In Dishonored führe ich in der einen Hand eine Waffe, etwa eine Armbrust mit tödlichen Bolzen. Ich kann sie aber auch gegen nicht-tödliche austauschen. Oder ich greife zur Pistole, die deutlich lauter ist und Feinde sofort anlockt. Mit der anderen Hand nutze ich magische Fähigkeiten wie einen Teleport, oder verwandele mich kurzzeitig in eine Ratte. So gelange ich in geheime Areale.

Wie ich an mein Ziel gelange, steht mir frei. Und das liebe ich. Wenn nach ausgiebiger Beschattung ein Angriff auf eine ganze Gegnergruppe perfekt über die Bühne geht und nicht einmal ein Alarm ausgelöst wird, gibt mir das ein unglaublich befriedigendes Gefühl.

Die beiden Wache haben ihren Angreifer nicht kommen sehen.

Dasselbe gilt auch für andere Titel des Genres. Deus Ex mit seinen coolen Gadgets und Augmentationen, die mir etwa das Erkennen von Gegnern durch Wände hindurch ermöglicht. Deathloop mit seiner Fähigkeit, mehrere Gegner zu verbinden und dann durch einen gezielten Schuss eine ganze Gruppe auszumerzen. Oder Bioshock mit seinen Schusswaffen und den zahlreichen Plasmiden, die Gegner in Brand setzen oder mit Bienen attackieren.

Bioshock, ach Bioshock. Jenes Spiel, das Punkt 3 von allen Immersive Sims wohl am besten hinbekommen hat.

Die Geschichte ist ein Puzzle

In Bioshock gibt es, genauso wie in Dishonored oder anderen Immersive Sims, eine Geschichte, die im Vordergrund erzählt wird. Wer sich aber nur darauf konzentriert, verpasst einen großen Teil der Handlung. Denn überall in Rapture liegen Audiologbücher verteilt. Darauf erzählen die Bewohner der Unterwasserstadt aus ihrem Leben. Wir lernen ihr Schicksal kennen und langsam, aber sicher finden wir die einzelnen Puzzle-Stücke, die ein großes Ganzes ergeben.

Auch die Level selbst erzählen allein durch ihre Gestaltung, was hier bereits passiert sein könnte. Dass in Immersive Sims häufig Politik, Intrigen und auch philosophische Ansätze ihren Platz finden, macht sie in meinen Augen zu einem sehr erwachsenen Videospielgenre.

Diese Art des Erzählens gefällt nicht allen, und das verstehe ich auch. Aber ich mag es, mir die Hintergründe der Figuren und Orte selbst im Kopf auszumalen. Auf diese Weise wird die Welt nochmal komplexer. Ich nehme die Geschichten, über die ich stolpere, auch nach dem Spielen mit und stricke sie in meinem Kopf weiter.

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Ich kann mir nicht recht erklären, warum Immersive Sims nie den ganz großen Erfolg erzielen konnten. Liegt es an der spielerischen Freiheit, die manche Spieler ablehnen? Liegt es an der reduzierten Erzählweise? Oder an den ungewöhnlichen Szenarien?

Ich bin nur ungern pessimistisch, aber ich fürchte, dass das Genre auf kurz oder lang aussterben wird.

Das einzig Gute: Titel wie Dishonored 2 sind regelmäßig in Sales auf Steam und Co. reduziert. Wer sich also bislang unsicher war, ob das Genre etwas für einen ist, kann relativ kostengünstig einen Versuch wagen. Und wer weiß, vielleicht erleben die Immersive Sims dann ja doch noch eine Renaissance. Ich würde es mir wünschen. Ein wenig Hoffnung gibt es ja noch: Seit 10 Jahren hoffe ich auf ein neues Bioshock, aber das kommende Spiel des Schöpfers verkürzt meine Wartezeit

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