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Firmenphilosophie? Codemasters schubste ihr Offroad-Kind Colin McRae mit DiRT in eine neue Richtung und zauberte unkomplizierten Rallye-Spaß auf den Schirm. Der Erfolg gab ihnen Recht, weshalb ihre Race Driver-Reihe dieselbe Metamorphose durchläuft: Weg von der Hardcore-Simulation, hin zu massenmarktorientierter Rennaction. Doch hat die Neuausrichtung der Reihe gutgetan?
Ihr beginnt wie gewohnt als Racing-Neuling. Nett: Nach der Eingabe des Namens dürft Ihr Euch zusätzlich einen Rufnamen aussuchen, mit dem Ihr via Boxenfunk angeredet werdet. Los geht‘s als Leihfahrer für andere Teams. Nach den ersten Rennerfolgen kratzt Ihr Euer sauer verdientes Geld für ein eigenes Rennteam zusammen. Dann kann endlich die große Karriere beginnen: In der noch schäbigen Garage lackiert Ihr Euren Ford Mustang in Teamfarben und -mustern. Dann stellt Ihr Euch der GRID-Rennwelt, die sich in drei frei wählbare Sektionen (USA, Europa, Japan) zu je drei Erfahrungsstufen unterteilt.
In den USA erwarten Euch amerikanische Straßengeschosse: von klassischen Muscle Cars von Plymouth oder Dodge über Chevrolet-Tourenwagen bis hin zur Viper. Natürlich ist auch für das passende Ambiente gesorgt: Mitten auf den Großstadtstraßen von San Francisco, Detroit, Washington oder Long Beach kämpft Ihr um den Sieg. So braust Ihr vorbei an der sonnigen Strandpromenade durch 90°-Kurven in die schattige Innenstadt mit monströsen Wolkenkratzern. Die teils zickigen V8-Boliden provozieren dabei nicht selten Dreher – nur mit einem sensiblen Gasfuß bugsiert Ihr die Geschosse ums Eck. Zusätzlich stehen Crash-Derbys an: Auf der unübersichtlichen Arena-Strecke kreuzt Ihr Fahrspuren, springt über Schanzen und rangelt mit elf anderen Fahrern um den Sieg. Spätestens hier macht Ihr nähere Bekanntschaft mit dem gelungenen Schadensmodell. Von Lackkratzern bis hin zum Totalschaden mit abgerissenen Rädern ist alles drin. Doch selbst dann ist nicht alles verloren, schließlich gibt es die Rückblendfunktion: Per Select- bzw. Back-Taste wiederholt Ihr die letzten Rennsekunden und könnt an beliebiger Stelle wieder einsteigen, um Crashs und grobe Fahrfehler zu umgehen.
Weiter geht‘s nach Europa, wo uns eine schlechte Nachricht erwartet: Die DTM-Serie wurde gestrichen. Ersatz finden Rennfahrer bei Tourenwagen-Cups mit dem BMW 320Si oder GT-Events mit Aston Martin DBR, Porsche 911 und dem Koenigsegg CCGT. Zusätzlich gehen durchzugsstarke, aber empfindliche Formel-Wagen an den Start. Bekannte Pisten wie der Nürburgring, Donington, Istanbul Park und Spa erfordern eine saubere Fahrlinie und exakte Bremspunkte.
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Den Höhepunkt bildet aber der Circuit De La Sarthe, auf dem die 24 Stunden von Le Mans ausgetragen werden: Vier Rennklassen (vom GT2-Boliden bis zum Prototypen) treten auf dem 13,5 km langen Kurs an und erreichen Höchstgeschwindigkeiten von über 400 km/h. Dabei dürft Ihr die volle Rennlänge auf bis zu zwölf Minuten verkürzen. Gewürzt wird das Spektakel durch den Einbruch der Nacht samt stimmiger Beleuchtung.
Schließlich dürft Ihr Euch auf fernöstlichen Straßen austoben: Bei japanischen Drift-Rennen kommt es nur aufs gekonnte Übersteuern an, um das Punktekonto zu füllen. Weiter geht‘s bei den Touge-Events: Auf engen Downhill-Passagen und Bergserpentinen tretet Ihr nur gegen einen Rivalen an. Wagenkontakt kostet schmerzhafte Strafsekunden.
Das serientypisch sehr gut austarierte Fahrverhalten ist auch bei GRID ein Pluspunkt. Zusätzlich dürfen Gripkontrolle, Brems- und Lenkassistent abgeschaltet werden, was zusätzliche Reputationspunkte bringt. Nur damit erklimmt Ihr auch höhere Stufen der Rennwelt. Nicht einfach, denn Codemasters-typisch sind die Gegner aufgeweckte Kerlchen. Manchmal jedoch verursachen sie auch Crashs oder brettern plötzlich ins Kiesbett.
Schon kurz nach den ersten Rennen melden sich Sponsoren: Beklebt bis zu acht Bereiche am Auto mit Bannern, um zusätzliche Gelder einzustreichen. Allerdings sind diese oft mit Bedingungen verknüpft. Meist wird eine bestimmte Platzierung verlangt, manchmal auch das schadenfreie Überstehen des Rennens. Finanziell gut gepolstert wird auch der teure Einstieg bei anspruchsvolleren Rennserien möglich. Denn zunächst muss ein Bolide her, der durchaus mehrere Millionen kosten kann. Günstiger geht‘s beim virtuellen eBay: Hier sucht Ihr nach einem passablen Gebrauchtwagen, der möglichst wenig Totalschäden hinter sich hat. Schützenhilfe bekommt Ihr außerdem vom eigenen Teamkollegen, den Ihr für entsprechende Entlohnung engagiert – doch fähige Leute sind teuer… Schließlich dürft Ihr im obligatorischen Online-Modus für zwölf Spieler in 32 Veranstaltungen antreten, um im weltweiten Rangsystem aufzusteigen.
Die DS-Version gefällt mit flüssiger Optik und nettem Strecken-Editor. Das vereinfachte Fahrverhalten und Schadensmodell passen ebenso gut zum Handheld. Im Mehrspieler-Modus für vier Zocker reicht sogar ein Modul aus. Überraschend: Auf Nintendos DS sind sogar Boxenstopps möglich, was den großen Konsolenversionen versagt bleibt.
Meinung
Thomas Stuchlik meint: Nach dem traditionellen GT5 Prologue bringt GRID Schwung ins Genre. Zahlreiche Cups erzeugen Hochspannung, auch mit dem differenzierten, aber etwas arcadelastigen Fahrverhalten kann ich wunderbar leben. Allerdings vermisse ich Setup- und Tuning-Möglichkeiten ebenso wie Qualifying, Zeitrennen und Boxenstopps. Das wird Fahrprofis alles andere als freuen. Dennoch: Das neue Race Driver bietet fesselnde Rennkost ohne großen Schnickschnack.
Ulrich Steppberger meint: Mit DiRT bin ich nie ganz warm geworden, doch GRID begeistert mich: Die Optik fällt ein ganzes Stück schöner aus, was zum Teil an den tollen Umgebungen, zum Teil am Verzicht auf überzogene Farbfilter liegt. Die ’Rückspul’-Funktion entpuppt sich als gelungene Ergänzung und das Fahrverhalten ist genau mein Ding – Realismusfanatiker mögen das anders sehen. Spannende Rennen, viel Abwechslung, wenig Frust und ein paar gute Ideen – so sieht ein gelungener Raserspaß aus.
Wertung
Online-Modus für 12 Spieler in 32 Renn-Events
über 90 Streckenvarianten
Le-Mans-Strecke mit Tag/Nacht-Wechsel
abwechslungsreiche Rennklassen
Das Allround-Talent des Rennspiel-Genres begeistert auch in seiner neuesten Inkarnation, die für unkomplizierte Raser-Action steht.
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