Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots – im Klassik-Test (PS3)

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Spiel:Metal Gear Solid 4: Guns of the PatriotsPublisher:KonamiDeveloper:Kojima ProductionsGenre:Action-AdventureGetestet für:PS3Erhältlich für:PS3USK:18Erschienen in:7 / 2008

Wenn Ihr diese Seiten lest, sind es nicht einmal mehr zwei Wochen bis zur Veröffent­lichung von Metal Gear Solid 4. Und doch wird es für Fans eine verdammt lange Zeit, bis sie endlich zu Snakes letztem Abenteuer aufbrechen und erneut in die verwirrend komplizierte Welt aus Intrigen, Spionage und großen ­Gefühlen eintauchen. Zockt bis dahin noch einmal die Vorgänger, um das Story-­Gedächtnis aufzufrischen. Es lohnt sich!

Unzählige Fragen hat jede neue Episode aufgeworfen, jetzt sollen sie alle beantwortet werden – das verspricht zumindest Konami. Wenn Ihr diese Zeilen lest, habe ich Metal Gear Solid 4 bereits durchgespielt. Und tatsächlich: Konami hat sein Versprechen gehalten. Etliche bekannte wie neue Charaktere tauchen auf, für jeden hat Hideo Kojima eine eigene, spannende ­Geschichte ersonnen, am Ende besteht allenfalls in ein, zwei Fällen Erklärungsbedarf.

Das bedeutet leider nicht, dass Snakes PS3-Einsatz leicht verdauliche Kost wäre: Wer die Vorgeschichte nicht kennt, fühlt sich manchmal etwas ratlos. Dabei tut das Spiel fast alles, um Euch den Einstieg in die komplizierte MGS-Welt zu verein­fachen: Vieles wird ausführlich erklärt, während der Cutscenes ­aktiviert Ihr an Schlüsselstellen kurze Flashbacks und wem das immer noch zu anstrengend ist, der begnügt sich mit der simplen ”Gut jagt Böse um die Welt”-Story, die die Subplots rahmt. Erwähnenswert: Eine deutsche Sprachausgabe gibt es serien­typisch nicht, angesichts der weltweit zeitgleichen Veröffentlichung ist das diesmal sogar verständlich. ­Konami hat aber wieder alle englischen Sprecher aus den Prequels zusammengetrommelt und rund 1.000 Seiten Skript vertonen lassen.

Zu Beginn des Spiels begleiten wir Old Snake in den Nahen ­Osten. Dieser Schauplatz ist aus zahlreichen Trailern bekannt: In farbarmen Brauntönen wagt Ihr die ersten Schritte, die sich dank der frei drehbaren ­Kamera sehr sicher anfühlen. Snakes Bewegungsrepertoire wurde zudem optimiert: Auf Knopfdruck geht er in die ­Hocke, was wie gewohnt etwas albern aussieht, doch nun könnt Ihr auch geduckt gehen. In den Vorgängern sorgten Ducken und Hinlegen gelegentlich für Schwierigkeiten.

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Das ist mit Teil 4 passé, zum Hinlegen drückt Ihr die X-Taste einfach noch mal, nur länger. Schusswechsel erleichtert eine Zielautomatik, die Ihr mit der Viereckstaste jederzeit abstellt, wodurch Kopftreffer leichter fallen. Vor allem, wenn Ihr in den erweiterten Ego-Modus wechselt: Obwohl sich MGS 4 gelegentlich über Ego-Shooter lustig macht, spielt es sich bei gezogener Waffe auf Knopfdruck nun selbst wie einer.

Wo Ihr noch in Teil 3 für jeden Tarnwechsel das Spiel pausieren musstet, erledigt das Snakes Octo­Camo-Anzug jetzt von selbst: ­Einfach ein paar Sekunden mit der gewünschten Oberfläche auf Tuchfühlung gehen – schon steigt der Tarnindex. Weitere Verkleidungen entdeckt Ihr im Laufe des Spiels. Wie sichtbar Ihr seid, verrät eine Prozentangabe rechts oben im Bild. Unsere Screenshots stammen von Konami, das ausführliche HUD ist dort leider nicht zu sehen. Über dem Tarnindex weist ein Pfeil zu Eurem Ziel, links im Bild befinden sich zudem drei Statusleisten: Old Snake verfügt über Lebensenergie, dazu gesellen sich Stresslevel und Motivation. Offene Schusswechsel und hochspannende Schleichmanöver wirken sich auf Snakes Regenerationsfähigkeit und Zielsicherheit aus. Zum Entspannen oder Wachwerden spürt Snake ­allerlei Hilfsmittel auf, nicht zuletzt die berühmten Zigaretten.

Zusammen mit dem neuen Fass, das die Pappkartons der Vorgänger ersetzt, verstaut Ihr nützliche Utensilien in Eurem Inventar. Je mehr Ihr mitschleppt, desto schwerfälliger wird Snake. Keine Sorge: Nicht benötigte Gerätschaften legt Ihr separat ab, sie bleiben aber jederzeit zugänglich. Waffen, Ausrüstung und Munition erwerbt Ihr bequem im Waffenhändlermenü, bezahlt wird in Drebin-Punkten. Die wiederum habt Ihr alsbald reichlich, schließlich kauft Euch Affenfreund Drebin überschüssige Waffen ab, die Ihr Gegnern entwendet. Ich hatte stets mehr als reichlich Bleispritzen im Gepäck, genügt hat aber meist ein selbst ­getuntes Sturmgewehr: Laserpointer und Taschenlampe aufsetzen, Schalldämpfer und Zielfernrohr montieren, dazu ein Granatwerfer – wer braucht mehr? Die Optionsvielfalt kennt kein Ende: Betäubungswaffen, Minen, Fallen, Erotikmagazine, in denen man selbst blättern kann…

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Die zahlreichen Gimmicks erwecken den Eindruck, die Vorgehensweise sei völlig Euch überlassen; vier Schwierigkeitsstufen stärken die Vermutung. Und ja, es ist so! Ich habe mit ’Normal’ den zweitschwersten Modus gewählt und komme mit aggressivem Ballern überraschend gut voran. Schleichen scheint mir schwerer zu sein, wozu also anstrengen? Die Antwort findet Ihr am Ende des Spiels: Je nach Verhalten erwerbt Ihr einen Rang, der unterschiedliche Überraschungen freischaltet – hoher Wiederspielwert garantiert!

Im Laufe Eures Nahost-Einsatzes lernt Ihr außerdem, wie Snake auf dem Rücken liegend Granaten wirft, wie er hangelt, klettert, hechtet, kriecht, Feinde durchsucht oder mit bloßen Fäusten kämpft. Die so genannten CQC-Nahkampf-Moves sind auch mit einigen Wummen möglich und erlauben die Entwaffnung Eurer Gegner, das Betäuben und Töten. Ihr schleudert Feinde zu Boden oder nutzt sie als Schutzschild, während Ihr anrückende Verstärkung aufs Korn nehmt. Unterstützung erhält Snake in erster Linie von seinem loyalen Partner Otacon, der mit dem Miniroboter Mk. II und der Solid-Eye-Augenklappe zwei praktische neue Gadgets vorstellt. Mit dem getarnten Mk. II nähert Ihr Euch Gegnern und betäubt sie, auch verborgene Gegenstände spürt Ihr damit auf. Das funktioniert prima, benötigt habe ich es aber nie. Das Solid Eye hingegen leistete im Nachtsicht-­Modus auf Spurensuche ebenso nützliche Dienste wie beim Scannen der Umgebung. Vorsicht: Beide Geräte benötigen Akkus, die sich regenerieren müssen.

Trotz der schier endlosen Möglichkeiten steuert sich Snake besser als je zuvor, schon nach kurzer Zeit habt Ihr alle Aktionen im Griff. Dank der vier Schwierigkeitsstufen ist es letztlich egal, ob Ihr Anfänger oder Profi im Schleichgenre seid. Zudem finden auch Vollblut-Rambos und Gelegenheitsschützen in Metal Gear Solid 4 ihre Erfüllung.

Entsprechend vielseitig ist auch das Missionsdesign geraten. Nach der einleitenden Mission führt Euch Snakes Suche nach Liquid Ocelot zu Schauplätzen auf mehreren Kontinenten. Eine Überraschung jagt die nächste, spielerisch wie story­technisch. Dabei erzählt Kojima nachvollziehbar in ausschweifenden Film­sequenzen, was es mit den geheimnisvollen ’Patriots’ auf sich hat, die ein abenteuerliches Ränkespiel hinter den Kulissen der globalen Politik betreiben.

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Während Snake feindliches Gebiet erkundet, trefft Ihr auf ortsansässige Milizen, die gegen die Söldner ­diverser Militärkonzerne kämpfen. Ihr könnt deren Konflikt entweder ignorieren oder unterstützend eingreifen. Die Rebellen stehen Euch in kritischen Situationen dann zur Seite oder lassen Goodies springen. Nicht ignorieren solltet Ihr die Frogs. Die weibliche Spezialeinheit ist außer­ordentlich agil und extrem wachsam – dann geht’s auf dem Bildschirm rund und die dynamische Musik sorgt für zusätzlichen Schweiß auf der Stirn; nur vermisse ich ein paar eingängige Melodien.

Ich könnte stundenlang schwärmen von den überwältigenden Erlebnissen, die ich während eines drei­tägigen Test-Events in Paris hatte. Ehe nach vielen Stunden der Abspann vor meinen Augen ablief, hatte der alte Haudegen Snake für große Gefühle gesorgt. Mehrmals standen mir Tränen in den Augen, lustig war’s, anstrengend, frustrierend. Ich bin erschrocken, war angespannt und erleichtert, wenn ich meine Häscher wieder einmal ­abgehängt oder dem biomechanischen Gekko entkommen bin. Doch am meisten hat die kleine Sunny hat mein Herz erobert.

Trotz aller Begeisterung will ich Euch die wenigen Mankos nicht vorenthalten: Nicht alle Bosskämpfe sind in spielerischer Topform, in ein paar Fällen ist die Inszenierung cooler als der Kampf. Für Einsteiger hätte ich mir ein Archiv storyrelevanter Hintergrundinfos gewünscht und bei all der cineastischen Brillanz, die das Spiel auffährt, komme ich nicht umhin, ein paar unschöne Ruckler und bockhässliche Texturen zu bemängeln. Auch die Levelarchitektur wirkt an manchen Stellen etwas kantig, ­Explosionen könnten schöner aussehen.

Dafür entschädigt Filmliebhaber Hideo Kojima mit vielen Referenzen an großes Hollywood­-Kino – nie aufdringlich und stets mit eigenem Touch. Während Ihr immer neue spielerische Herausforderungen meistert, greift die tiefgründige Story zeitgenössische Probleme auf und regt zum Nachdenken an. Snakes Abschied strotzt vor Liebe zum Detail und für Fans bleibt kaum ein Wunsch offen. Wer noch immer keine PS3 besitzt, sollte jetzt zuschlagen, sonst entgeht Euch ein Meilenstein!

Meinung

Michael Herde meint: Metal Gear Solid 4 startet pompös und steigert sich bis zum unvermeidlichen ­Finale ins ­Gigantische. Wer sich darauf einlässt und in Sachen Story sattelfest ist, wird jubeln, weinen und feiern. Die vielen Anspielungen, zahlreichen Gags, Goodies und Geheimnisse sowie vielseitige Vorgehensweisen treiben den Wiederspielwert in die Höhe. Schade, dass der Soundtrack diesmal keine Ohrwürmer parat hat, sonst hätte ich zur limitierten Box gegriffen. Ansonsten ist die Akustik sensationell und die Sprecher gewohnt brillant. Weniger grandios ist an manchen Stellen die Optik: Vereinzelte Ruckler während der Cutscenes und manch schwache Textur trüben die gelungene Präsentation. Spielerisch bietet Snake zwar mehr Vielfalt und Ideen als je zuvor, zahlreiche Waffen und Gimmicks bleiben auf niedrigeren Schwierigkeitsstufen aber ungenutzt.

Wertung

”Metal Gear Online” inklusive
strotzt vor Anspielungen für Fans
unterstützt Rumble-Controller
interaktive Zwischensequenzen
clevere Sixaxis-Einbindung
Abschluss der ”MGS”-Saga

Ein unvergesslicher Meilenstein: Snake zieht wieder alle Register und zelebriert den krönenden Abschluss einer epischen Saga.

Singleplayer94MultiplayerGrafikSound

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