Vor 10 Jahren erschien das beste Spiel, das ihr alle niemals spielen werdet

MeinMMO-Dämon Cortyn schaut auf ein Spiel zurück, das vor 10 Jahren die Welt verändert hat. Naja, zumindest die Welt von Cortyn.

Der 10. Februar 2015 war ein ganz besonderer Tag. Nicht nur, weil das der direkte Tag nach Valentinstag war und da sicher eine Menge Beziehungen von Paaren in die Brüche gegangen sind, bei denen man am Vortag den Strauß Blumen, die Schokolade oder eine Mischung aus beidem vergessen hatte.

Nein, denn am 10. Februar 2015 erschien das einzige Spiel, das mich World of Warcraft für einige Wochen komplett vergessen ließ und das mir eine immersive Erfahrung verschafft hat, die ich so noch nie bei einem Spiel hatte – und auch seither nie wieder erfahren durfte.

Die Rede ist von Evolve.

Evolve war das beste asymmetrische Spiel aller Zeiten

Das Spiel der legendären Macher von „Left 4 Dead“ hat in meinem Herzen einen Platz wie kein anderes Spiel je zuvor.

Evolve war ein asymmetrisches „4vs1“-Spiel, bei dem einer in die Rolle eines Monsters schlüpfte und die vier anderen Jäger spielten, die das Monster erlegen mussten. Zu Beginn einer Runde war das Monster schwach, musste sich verstecken und Nahrung sammeln, um an Stärke und Größe zu gewinnen, sich weiterzuentwickeln und neue Fähigkeiten erlangen.

Nach einer Weile kippt das Macht-Verhältnis dann. Ist es den Jägern nicht gelungen, das Monster frühzeitig zu töten, dann wird das Monster erst ebenbürtig und später deutlich mächtiger als die Jäger, sodass aus den Jägern die Gejagten werden.

Mich hat Evolve vollkommen kalt erwischt, eingesogen und für eine ganze Weile nicht mehr freigegeben.

Egal wie gut die Story von einem Spiel ist, egal wie intensiv die Szenerie, wie dramatisch die Handlung und überzeugend das World Building – ich habe ein Spiel nie wieder so „gefühlt“ wie Evolve. Kein The Last of Us II, kein Baldur’s Gate 3, kein Final Fantasy und auch kein World of Warcraft konnte mich jemals so fesseln, wie Evolve es getan hat.

Wenn der Cortyn-Goliath auf euch zurennt, lasst es einfach geschehen. Danke.

Ich habe nicht einfach das Monster gespielt. Ich war das Monster. Wenn ich auf der Pirsch nach den Jägern lag, habe ich mich angespannt näher an den Bildschirm gebeugt. Wenn ich das „Tiefe Einatmen“ des Monsters verwendet habe, um die Umgebung abzuscannen, habe ich auch vor dem Rechner tief eingeatmet.

Ein Spiel, das alles andere für mich verdrängt hat

Auch wenn man mit dem Begriff „Sucht“ im Gaming-Bereich immer ein bisschen inflationär und verherrlichend um sich wirft – bei Evolve war ich wohl so nah dran wie noch nie. In der Release-Woche habe ich bestimmt 14 Stunden pro Tag gespielt, während der Ladezeiten und der Match-Suche an Artikeln gearbeitet und meinen Schlaf auf ein absolutes Minimum reduziert. Ich hab beim Einschlafen an Evolve gedacht und ziemlich sicher auch während des Träumens. Ich kam mir vor wie ein Kind, das kurz vor Weihnachten an gar nichts anderes mehr denken kann – und ich habe jede Minute davon genossen.

Das Highlight für mich waren die PvP-Kampagnen. Hier spielte man im Verlauf von gut 2 Stunden mehrere Karten in Folge und je nachdem, wie gut sich eine Seite schlug, hatte das Auswirkungen auf die nächste Karte. Wenn man etwa auf der „Staudamm“-Map als Jäger gewann, dann war die nächste Karte zum Teil überflutet – was den Bewegungsraum des Monsters drastisch einschränkte und die Suche erleichterte. Gewann jedoch das Monster und der Staudamm wurde vernichtet, dann regnete es auf der nächsten Karte, was die Sicht der Jäger drastisch einschränkte und dem Monster zusätzliche Deckung bot.

Die Jäger in Evolve waren zu Beginn stark – wurden während der Partie im Vergleich zum Monster schwächer.

Ich habe so viel gespielt, dass ich in der Europa-Rangliste damals für Wochen auf Platz 2 mit dem Goliath, dem „Standard-Monster“, war. Das ist tatsächlich eine der wenigen Gaming-Leistungen, auf die ich heute noch richtig stolz bin. Die einzige Person dort vor mir war ein bekannter Betrüger, der Partien einfach mit Alt+F4 abgebrochen hat, wenn er am Verlieren war – denn dann hat das Spiel dem Account keine Niederlage angerechnet und es wurde nachträglich als „Bot-Spiel“ deklariert. Gegen diese Sieg-Quote von 100 % konnte man schlicht nicht ankommen – eine Betrugsart, für die man sich damals sogar noch bei uns in den Kommentaren rühmte.

Evolve war tot, bevor es richtig gelebt hatte

Evolve ist damals unrühmlich zu Grunde gegangen. Das lag an katastrophalem Marketing des Publishers, einer zu steilen Lernkurve für Jäger, die im Grunde immer als volle 4er-Gruppe losziehen mussten – denn „Randoms“ haben die meisten Jagden unmöglich gemacht. Da half dann auch die Überarbeitung des Spiels hin zu einem Free2Play-Modell nicht mehr. Es galt in der Wahrnehmung vieler potentieller Spielerinnen und Spieler als „gierig“, mit einer katastrophalen DLC-Politik.

Dabei war das schlicht und ergreifend ganz, ganz schlechtes Marketing und entsprach überhaupt nicht der Realität im Spiel. Warum Evolve gefloppt ist, hatte auch noch andere Gründe, wie der Boss von 2K Jahre später erklärte.

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Jetzt ist Evolve nur noch ein ausgegrauter, weil deinstallierter Eintrag in meiner Favoriten-Liste auf Steam. Und genau dort wird es auch bleiben, bis Steam irgendwann eingestellt oder Evolve aus anderen Gründen von meinem Account entfernt wird.

Für mich war es das beste Spiel, das jemals erschaffen wurde. Das Spiel, an dem sich jede andere Erfahrung für mich immer messen muss. Der absolute Höhepunkt meines Gaming-Lebens, der wohl nie wieder übertroffen wird. Eine traurige und zugleich sehr erfüllende Erinnerung, die inzwischen 10 Jahre her ist. Eine Erfahrung, die ich nie ganz vergessen werde – und von der ich mich auch niemals erholen will.

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