Fable II – im Klassik-Test (360)

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Spiel:Fable 2Publisher:MicrosoftDeveloper:Lionhead StudiosGenre:RollenspielGetestet für:360Erhältlich für:360USK:16Erschienen in:12 / 2008

Anno 2004 faszinierte ­Peter Molyneuxs Fable mit einem Gesinnungssystem, das Eure Handlungen in gut und böse unterteilt: Der Spieler kann sich einen Ruf als Held erarbeiten, aber auch den Fiesling mimen – Eurem Ruf entsprechend reagieren die Figuren der Abenteuerwelt ganz unterschiedlich auf den Helden. Fable II spielt 500 Jahre nach dem Erstling und bereichert das System um vier neue Kategorien: Güte, Grausamkeit, Reinheit und ­Verdorbenheit. Dadurch gestalten sich Eure Entscheidungen ­wesentlich komplexer, der Held ­gerät regel­mäßig in moralische Zwickmühlen – soll er einen Dieb fangen, wenn dieser doch nur seinen Hunger stillen will? Befreit Ihr Sklaven, auch wenn das den Besitzer ruiniert? Die Antworten überlassen wir Euch. ­Findet selbst heraus, welches Verhalten am besten zu Euch passt.

Aber mal ganz von vorn: Wie der Erstling beginnt Fable 2 mit dramatischen Ereignissen in der Jugend des Protagonisten; dessen Freundin wird von Lord Lucien niedergeschossen. Dieser plant, die Welt Albion mit den Mächten eines antiken Turms zu ­unterjochen und benötigt dazu drei prophezeite Schlüsselfiguren. Zum Glück kommt Lucien seinem Ziel nur langsam näher – zehn Jahre später ist Eure Figur zu einem stattlichen Jüngling herangewachsen und sinnt nach Rache. Ihr durchwandert die vielen Abschnitte der jetzt zehnmal größeren Abenteuerwelt, erplaudert Missionen und deckt nach und nach alle Facetten von Luciens teuflischem Plan auf. Dabei wirkt sich jede Handlung auf Persönlichkeit und Aus­sehen des Helden aus: Harte Kämpfe hinterlassen Narben, ein finsteres Gemüt lässt ihn immer buckliger ­gehen; wer den Schwertkampf bevorzugt, baut Muskeln auf. Natürlich dürft Ihr den Helden nach Belieben einkleiden, ausrüsten oder mit Tattoos und Kostbarkeiten schmücken.

Die vielen Keilereien gegen Monster und Räuber spielt Ihr in Echtzeit: Das neue Kampfsystem belegt ­jeweils eine Taste mit Schießkolben, Magie und Hieb- oder Stichwaffe. ­Deren Handhabung und Wirkungsweise erweitert Ihr mit farbigen ­Erfahrungsperlen, die Ihr von besiegten Geschöpfen übernehmt: Ihr lernt Ausweichmanöver, Superattacken und gewaltige Zaubersprüche, die ganze Monsterhorden in die Flucht schlagen. Dabei könnt Ihr guten Gewissens Experimente wagen, weil man Talente auch abgeben und die zurückgewonnene Erfahrung in andere Eigenschaften investieren kann.

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Stets an Eurer Seite sprintet der Hund, der den traditionellen Radar ersetzt: Er wittert Feinde, beginnt in der Nähe von Schatzkisten zu kläffen und kann sogar vergrabene Items erschnuppern – zückt die Schaufel und buddelt sie aus.

Wer sich ausschließlich dem ­Abklappern der Hauptgeschichte ­verschreibt, der spielt Fable II in etwa zwölf Stunden durch: Richtig ­interessant wird das Spiel ­jedoch erst, wenn Ihr die zahllosen Neben­quests entdeckt und mit den Verhaltens­varianten experimentiert.
Außerdem solltet Ihr Euch für die Pflege Eurer Beziehungen Zeit nehmen: Je intensiver Ihr Euch etwa um Euer Flohtaxi kümmert (etwa mit ­Leckerlis und Streicheleinheiten), desto treuer wird es Euch zur Seite stehen. Ähnlich verhält es sich mit den vielen Bewohnern von Albion, die Euch je nach Gesinnung verschiedene Aufgaben zutrauen – da müsst Ihr Euch schon mal einschleimen, Eindruck schinden oder Schrecken verbreiten, damit sie Euch weiterhelfen. Mit dem entsprechenden Kleingeld könnt Ihr ­Häuser und Geschäfte erwerben, um Euch ein regelmäßiges Einkommen zu verschaffen – dann ist sicher auch die holde Maid nicht weit, die den Helden umgarnt; mitunter müsst Ihr die Dame Eurer Wahl aber auch mit erbeuteten Schmuckstücken bei ­Laune halten. Oder spielt Ihr lieber den Verbrecherfürsten? Dann plündert die Behausungen der Einwohner, die ergreifen bald bei Eurem bloßen Anblick schreiend die Flucht – viele Bürger schlottern schon, wenn Ihr nur die Waffe zieht. Die zahllosen Möglichkeiten und effektvollen Reaktionen der KI-Gemeinde stacheln Eure ­Experimentierfreude regelrecht an: Zum Glück könnt Ihr dank Questmenü die Handlung auch nach längeren Ausschweifungen ohne ­lästige Sucherei fortsetzen.

Während des laufenden Aben­teuers wechselt Ihr zudem jederzeit in den Koop-Modus (das klappt lokal und via Xbox Live), um den zweiten Spieler als Hilfsarbeiter anzuheuern: Dieser assistiert Euch mit variabel einstellbarer Handlungsfreiheit und kassiert dafür einen Teil der Beute und Erfahrung – diverse ­Sicherheitsoptionen garantieren, dass der Handlanger stets in Eurem Sinne agiert.

Meinung

Oliver Ehrle meint: In Fable 2 werden die aufwändige Präsentation und die detailverliebte Grafik beinahe zur ­Nebensache: Die schier grenzenlose Entscheidungsfreiheit macht das Abenteuer richtig spannend. Denn Ihr müsst schon Disziplin halten, um den Helden zu prägen: Bei zahllosen Situationen habe ich mir vorgenommen, ein zweites Abenteuer zu beginnen und ­alternative Taktiken auszuprobieren – und das schon in den ersten Spielstunden! Klar geht die Ehre vor, aber ich möchte auch mal ein richtiges Schwein sein und trotzdem das Finale erreichen – eine enorme Verlockung. Etwas gewöhnungsbedürftig ist die Charakterorganisation per Menübaum, hier geht schon mal der Überblick flöten: Items und Talente sind auf zahlreiche Untermenüs verteilt – das sorgt gelegentlich für Verwirrung, ärgerliche Fehlkäufe sind die Folge.

Wertung

prächtige Abenteuerwelt, die individuell auf Eure Gesinnung reagiert
vielfältig entwickelbarer Held
pfeift Freunde als Handlanger herbei
aufwändig synchronisierte Story

Größer und komplexer: Fabel­abenteuer für Experimentierfreudige, das Ihr maßgeblich mitgestalten dürft.

Singleplayer88MultiplayerGrafikSound

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