Like a Dragon: Pirate Yakuza in Hawaii – im Test (PS4 / PS5)

Seite 1

Spiel:Like a Dragon: Pirate Yakuza in HawaiiPublisher:SegaDeveloper:Ryu ga Gotoku TeamGenre:Action-AdventureGetestet für:PS4, PS5Erhältlich für:PS4, PS5, XOne, XSXUSK:18Erschienen in:4 / 2025

Für die Verhältnisse der Ryu Ga Gotoku Studios hat man beinahe schon unverschämt lange für den jüngsten Spross der Like a Dragon-Serie gebraucht. Mehr als ein Jahr liegen nämlich zwischen dem Anfang 2024 erschienenen Infinite Wealth und nun Pirate Yakuza in Hawaii. Aber das will man dem rührigen Team ebenso nicht übel nehmen wie das unverhohlene Recycling von Großteilen der Szenerie und vielen der typischen Spielelemente. Denn hier wird durchaus auch eine ganze Reihe an frischen Aspekten aufgefahren, zudem fällt der Umfang üppiger aus, als man erwartet hätte und natürlich sorgt schon der Protagonist dafür, dass ein ganz anderer Wind weht als sonst.

Denn erstmals steht hier Goro Majima – bekannt als der ”Mad Dog von Shimano” und inniger Feind-Freund der Yakuza-Ikone Kazuma Kiryu – alleine im Rampenlicht. Den größten Teil der Serienhistorie setzte er als Nebenfigur Glanzlichter und beim chronologischen Startpunkt ­Yakuza 0 teilte er sich die Hauptrolle mit Kiryu, war da aber noch (relativ) normal. Wobei Majima genau genommen auch bei Pirate ­Yakuza in Hawaii in eine neue Rolle schlüpft: Zu Beginn findet er sich am Strand einer kleinen Insel angespült wieder und hat sein Gedächtnis verloren. Dort gabelt ihn der junge Noah auf und ab da bildet das ungleiche Duo den erzählerischen und teils ungewohnt emotionalen Kern der Geschichte, die ein Jahr nach Infinite Wealth angesiedelt ist. Aber keine Sorge, die typische Eskalation mit immer pompös-absurderen Geschehnissen zum Ende hin bleibt auch hier nicht aus. Vorkenntnisse sind zum Verständnis übrigens nicht notwendig, selbst wenn Veteranen einige Aspekte natürlich besser verstehen und sogar ein paar der offenen Detailfragen aus dem Vorgänger nebenher noch beantwortet werden.

Wie anfangs erwähnt und natürlich vom Titel her naheliegend, steht Hawaii – beziehungsweise die Hauptstadt Honolulu auf der Insel Oahu – wie schon bei Like a Dragon: Infinite Wealth im Mittelpunkt. Verändert hat sich dort wenig, außer dass manche Örtlichkeiten wie etwa die große Baustelle, in der Ichiban & Co. einen der Dungeons erkundeten, nicht betreten werden können.

Seite 2

Das tut der Tätigkeitsvielfalt aber keinen Abbruch, genügend Aufgaben hat Majima trotzdem. Eine kräftige Portion Minispiel-Recycling ist natürlich angesagt, aber insgesamt fühlt sich das Geschehen immer noch angenehm unverbraucht an. Aus der Situation heraus erklärt sich auch, wieso altbekannte japanische Schauplätze wie vor allem Kamurocho diesmal gänzlich durch Abwesenheit glänzen. Dafür nehmen ­außer Nele Island ein paar weitere kleinere bis mittelgroße frische Inseln den Platz ein: Rich Island ist die Heimat von Noah und seinem Vater sowie der Ort, wo Ihr Eure neue Berufung als Piratenkapitän findet – mehr dazu gleich. Und Madlantis entpuppt sich als lasterhaftes Freibeuter-Paradies, wo sich Crews im Schiffskampf-Turnier messen oder andere Unterhaltung suchen. Gerade dieser Schauplatz mag nicht allzu groß dimensioniert sein, gefällt aber mit einer ganz eigenen Ästhetik und bildet einen interessanten Kontrast zur ”normalen” Welt.

Was macht Pirate Yakuza in Hawaii nun spielerisch anders als Infinite Wealth? Zum einen kommt hier bei Kämpfen auf festem Erdboden wieder das ­klassische Echtzeit-Prügel-Rezept zum Einsatz, wie es bis ­Yakuza 6 die Regel war. Majima vermöbelt meist im Alleingang Grüppchen von drei oder schon mal deutlich mehr Angreifern mit flotten Tritten und Attacken, die per Knopfdruck ausgeführt werden. Er verfügt dabei über zwei Stilarten, zwischen denen jederzeit gewechselt werden kann: ”Mad Dog” basiert auf seiner eigentlichen Persönlichkeit, ist flinker und setzt auf einen Dolch als Waffe. ”Sea Dog” spiegelt die Piratenpersönlichkeit wider und lässt ihn zwei lange Säbel zücken sowie einige andere Waffe einsetzen, was auf Distanz und gegen mehrere Feinde gleichzeitig nützlicher sein kann.

Und zum anderen könnt Ihr hier tatsächlich auf einem ausgewachsenen Schiff in See stechen – dass dabei vor allem ­Ubisofts Assassin’s Creed IV: Black Flag Pate stand, ist nicht zu übersehen. Aber natürlich hat die Like a Dragon-Interpretation ihre Eigenheiten: So ist Euer Schiff in Gefechten wendiger und kann sogar Boostschübe und Drifts ausführen.

Seite 3

Auch der Waffeneinsatz (an beiden Seiten und dem Bug sind Kanonen respektive Geschütze angebracht) ist deutlich flotter und einfacher geregelt, wodurch Auseinandersetzungen in der Regel ziemlich dynamisch ausfallen. Kleine Gegner versenkt Ihr nur durch Beschuss, größere Brocken werden dagegen ­geentert und im direkten Massengefecht übernommen. Dazu benötigt Ihr natürlich die passende Ausrüs­tung und eine Crew. Letztere rekru­tiert Ihr unter anderem durch serien­typische Nebenmissionen oder Ihr erfüllt Bedingungen von Charakteren, die in Honolulu oder anderswo aufgespürt werden. Das Konzept ist nicht unbedingt komplex und einige der vorhandenen Feinheiten kommen im Rahmen der Hauptstory kaum zur Geltung. Aber jenseits von der könnt Ihr überraschend viel Zeit als Pirat verbringen: Es gibt eine ganze Menge kleiner Inseln, die angefahren werden können, um dort Schätze zu bergen (was meist kurze, aber krawallige Prügeleien beinhaltet). Allerdings sind die Fahrtwege dahin oft zäher, als sie hätten sein müssen. Außerdem trefft Ihr auf eine fiese Gruppierung, deren Anführer besonders harte Brocken sind, und im gigantischen Kolosseum von Madlantis warten mehrere Schiffskampf-Turniere, die ganz schön fordernd werden können.

Ein kurzer Blick sei auch noch auf die Technik geworfen, was schnell geht: Sie entspricht im Prinzip der von Infinite Wealth und gefällt mit bunten, detailverliebten Szenarien sowie (bei den Hauptfiguren) sehenswerten animierten Gesichtern und Charaktermodellen. Etwas gewöhnungsbedürftig ist die Beleuchtung, die diesmal teils noch etwas greller ausfällt. Die Floskel ”gleißendes Sonnenlicht” passt da ziemlich gut auf hell ausgeleuchtete Tagszenarien.

Letztlich kann man festhalten: Like a Dragon: Pirate Yakuza in Hawaii erfindet das Serienrad nicht neu und will das auch gar nicht. Was Euch hier erwartet, vereint routiniert Altbekanntes mit einer Portion Einfallsreichtum. Das unterhält Serienfans gelungen als Überbrückung bis zum nächsten ”großen” Teil und liefert Spielern, die erstmals reinschnuppern wollen, einen ansprechenden Einstiegspunkt.

Meinung

Ulrich Steppberger meint: Ich gestehe: Seit das Rundenkampf-System in der Like a Dragon-Reihe aufgetaucht ist, sagt mir das deutlich mehr zu, als Ganoven immer noch in Echtzeit zu verkloppen. Ähnlich wie bei Kiryus Gaiden-Lückenfüller vor eineinhalb Jahren setzt Pirate Yakuza in Hawaii aber eben doch darauf. Es macht für mein Empfinden seine Sache allerdings insofern besser, dass die Prügeleien weniger viel Raum einnehmen, meist schneller erledigt sind und sich die beiden Kampfstile stimmiger ergänzen. Die großen Neuerungen mit Schiffsschlachten und Seefahrt sehe ich nicht so kritisch wie Steffen: Ja, sie könnten mehr Tiefgang bieten (wobei der ”Pflichtanteil” im Storyrahmen wohl gewollt leichter zu bewältigen ist) und der Erkundungsaspekt zieht sich, aber insgesamt haben sie mir gut gefallen. Wie auch die gewohnten Aspekte des Like a Dragon-Konzepts, wozu natürlich Majimas eigenwilliges Charisma, die durchgehend gelungenen neuen Charaktere und Madlantis als interessantes frisches Areal beitragen. Zum Pflichtprogramm macht das Pirate Yakuza zwar nicht, aber als derzeit besten ”Ableger” der Reihe würde ich den Titel etwas vor Ishin! und weit vor Gaiden einordnen.

Steffen Heller meint: Antiheld Majima gehört seit dem Erstling zu meinen absoluten Like a Dragon-Favoriten. Daher kann ich dem Spin-off viel verzeihen. Schifffahrten sind furchtbar träge, die Seeschlachten waren bei Assassin’s Creed IV: Black Flag (2013!) bereits ausgeklügelter und die freie Erkundung kann man kaum als solche bezeichnen. Kurz gesagt: Die neuen Mechaniken sind eine nette Abwechslung in der Serie, aber die Macher lassen eine Menge Potenzial liegen. Die typischen Kloppereien, Minispiele und Storyelemente sind zwar gewohnt unterhaltsam, jedoch verspüre ich selbst als treuer Serienfan eine gewisse Müdigkeit, wenn mir die nächste Nebenquest mit etlichen kurzen Ladebildschirmen vor die Flinte läuft, deren Humor oder Geschichten auch schon lange kein Überraschungsmoment mehr innewohnt. Ob man die Rückkehr nach Hawaii als Schauplatz mag, ist Geschmackssache. Kamurocho habe ich zwar oft genug besucht, aber gleichzeitig fehlt mir die Atmosphäre, die von diesem Stadtbild ausging. Nichtsdestotrotz würde ich Pirate ­Yakuza in Hawaii jedem alteingesessenen Serienfan ans Herz legen. Erwartet nur nicht einen Gamechanger wie seinerzeit bei Black Flag.

Wertung

große Neuerung diesmal: Piratentum mit Seefahrt und Schiffsschlachten
frischer großer Schauplatz: Madlantis
Echtzeitklopperei statt Rundentaktik
Story auch ohne Vorkenntnisse problemlos zu begreifen 

 

Gelungener Spaß für ”Like a Dragon”-Kenner und -Neulinge zugleich – dank schrulligem Star und gewitzter Freibeuter-Komponente.

Singleplayer82MultiplayerGrafikSound

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *