Alle haben gehofft, dass Baldur’s Gate 3 eine Lektion für die großen Publisher ist. Aber das war es nicht, meint einer, der es wissen muss.
Kaum ein Spiel war in den letzten Monaten so erfolgreich wie Baldur’s Gate 3. Daher hoffen viele Fans, dass sich große Publisher diesen Erfolg ganz genau anschauen und selbst mehr Spieler erschaffen, die so sehr begeistern können. Doch diese Hoffnung ist vergeblich. Das glaubt zumindest der Mann, der hinter der Story der ersten „Baldur’s Gate“-Spiele und Dragon Age steckt.
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Was hat das mit Baldur’s Gate 3 zu tun? Baldur’s Gate 3 zählt als eines der besten, wenn nicht sogar als das Beste RPG aller Zeiten. Das liegt auch daran, dass Baldur’s Gate 3 keine Kompromisse gemacht hat. Es hat auf ein taktisches, komplexes Kampfsystem mit vergleichsweise wenig Action gesetzt und dazu eine riesengroße Welt, voller weitreichender Zusammenhänge, unzähliger Entscheidungen und jeder Menge Dialoge erschaffen. Für viele gilt Baldur’s Gate 3 damit als der neue „Gold-Standard“, an dem sich auch große AAA-Entwickler und deren Publisher orientieren sollten.
Doch ob das wirklich geschieht? Zumindest der ehemalige Lead Writer hinter den „Dragon Age“-Spielen bezweifelt das stark.
Was hat Gaider gesagt? Im Interview mit PCGamesN sprach David Gaider über den Erfolg von Baldur’s Gate 3 und die Hoffnung, dass Publisher daraus lernen könnten. Gaider war der Lead Writer von Dragon Age: Origins bis hin zu Inquisition, aber auch für Knights of the Old Republic oder eben die ursprünglichen „Baldur’s Gate“-Spiele verantwortlich. Er sagte nun:
Das ist die Hoffnung: [Der Erfolg von Baldur’s Gate 3] zeigt allen Firmen mit großen IPs wie Dragon Age oder irgendeiner guten RPG-IP, was möglich ist, wenn man sich auf das Genre fokussiert und dem nicht mit der Idee begegnet, dass RPGs für sich genommen nur eine Nischen-Sache sind. Du musst nicht sagen: „Oh, wir brauchen noch die Action-Zielgruppe und müssen es für die Masse ansprechender machen“ – warum? Weil RPGs so eine Nische und nerdig sind, dass sie niemals massenhaft Erfolg haben werden? Nein. Wenn man sich auf das konzentriert, was das Genre gut macht, dann werden Leute es auch spielen.
Das ist zumindest die Theorie. Doch Gaider glaube nicht daran, dass diese Erkenntnis auch bei den Publishern ankommen wird.
[…] Ich glaube nicht, dass viele Publisher solche Lektionen lernen. Meine Angst ist, dass sie ihren Entwicklern sagen „Wir wollen Ergebnisse wie Baldur’s Gate 3“ und die Entwickler sagen dann „Okay, aber dann brauchen wir X und Y an Ressourcen.“ Dann sagen sie „Könnt ihr nicht die gleichen Ergebnisse mit der Hälfte der Ressourcen erzielen?“ Natürlich wird der Entwickler dann vermutlich sagen: „Ja, das können wir.“ Aber die wahre Antwort wäre Nein, denn so funktioniert das einfach nicht.
Publisher ziehen falsche Schlüsse – wollen nur den Erfolg
Wenn es um Lektionen geht, die Publisher lernen sollten, glaubt Gaider zudem, dass schnell die falschen Schlüsse gezogen werden. So ist es seit dem Erfolg von Baldur’s Gate 3 in vielen neuen Spielen so, dass es Romanzen-Optionen gibt. Die gab es früher zwar schon, aber jetzt scheinen Spiele verstärkt darauf zu setzen. Gaider meint dazu:
Das ist beunruhigend. Es ist so leicht für Firmen, die falschen Lektionen zu lernen: Die Idee, dass Romanzen eine Routine werden sollten. Dass, wenn du einen Charakter hast, du einfach „Lass uns eine Romanze dranheften“ gemacht wird, die einfach nur ein paar zusätzliche Zeilen Dialog und vielleicht eine Zwischensequenz ist – dass es das wäre, was die Spielerschaft will. Es bringt das Medium nicht voran. Wenn wir an den Punkt kommen, an dem Romanzen einfach nur als Standard angesehen werden, den man so anfügt, dann wird es darauf auch eine Gegenreaktion geben und die Leute sagen: „Seht, diese ganzen Romanzen-Sache fühlt sich sehr herzlos an, als wäre es nur ein weitere Punkt auf der Check-Liste der Features.“
Auch wenn große Publisher womöglich nicht die Lehren aus dem Erfolg solcher Spiele ziehen, die sie sollten, macht das vielleicht kleineren Teams zumindest die Hoffnung, dass sie ihre Vision vervollständigen können. Denn auch der aktuelle Hit Clair Obscur Expedition 33 führt den großen AAA-Publishern gerade vor Augen, was alles möglich ist. Sie müssen nur daraus lernen.
Der Beitrag Der Story-Chef hinter Dragon Age glaubt nicht, dass AAA-Publisher von Baldur’s Gate 3 lernen werden erschien zuerst auf Mein-MMO.
