Death Stranding 2: On the Beach – im Test (PS5)

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Spiel:Death Stranding 2Publisher:SonyDeveloper:Kojima ProductionsGenre:Action-AdventureGetestet für:PS5Erhältlich für:PS5USK:16Erschienen in:8 / 2025

Als sich unser Besuch in Hideo Kojimas heiligen Hallen vor einigen Wochen dem Ende zuneigte, legten wir den Controller nur ungern beiseite. Vor dem Hintergrund, dass wir an vier Tagen stolze 30 Stunden mit Death Stranding 2: On the Beach verbracht – und damit nach Angaben der Entwickler rund 40 Prozent der Hauptgeschichte gesehen – hatten, eine gleichermaßen überraschende wie erfreuliche Reaktion.

Aber kann das Abenteuer sein hohes Niveau auch in der zweiten Spielhälfte halten? Um das herauszufinden, haben wir ­ganze 115 Stunden in die Vollversion gesteckt. Wir haben den Abspann über den Bildschirm flimmern sehen und vor allem abseits der Hauptgeschichte viel Zeit im ­virtuellen Australien verbracht – nicht, weil wir es mussten, sondern weil wir uns wieder nur mit großer Mühe vom Controller lösen konnten.

Death Stranding 2 begrüßt Euch elf Monate nach den Ereignissen des ersten Spiels. Sam hat sich ins Exil der mexikanischen Berge zurückgezogen, um Lou – sein ehemaliges Bridge Baby – großzuziehen. Als seine Verbündete Fragile eines Tages an der Tür klopft, winkt dann aber doch der erneute Griff zu den Wanderstiefeln. Die Automated Public ­Assistance Company – kurz APAC – hat Unternehmen wie Fragile Express hinfällig gemacht. Lieferungen werden mittlerweile von einem Programm selbstständig verwaltet und durchgeführt, wodurch menschliche Boten innerhalb ­Eures mühselig geknüpften ­chiralen Netzwerks nicht länger notwendig sind. Außerhalb davon bedarf es aber nach wie vor der Bemühungen tapferer Porter und so bittet Fragile Euch, ihrem frischen Unternehmen ­”Drawbridge” unter die Arme zu greifen und Mexiko ans Netzwerk anzuschließen.

Da man Lea Seydoux selbstverständlich keine Bitte abschlägt, verbringt Ihr also die ersten Stunden im sonnengeküssten Sand von Mexiko, um Eure eingeros­teten Botenfähigkeiten aufzu­frischen. Einmal mit allen wesentlichen Mechaniken vertraut, überschlagen sich die Ereignisse und Ihr findet Euch auf dem australischen Kontinent wieder, der natürlich ebenso kleinteilig mit dem chiralen Netzwerk verbunden werden möchte. So resultiert die erste Zeit mit Death Stranding 2 in einer erstaunlich bodenständigen und gewohnten Spielerfahrung, bei der man – zumindest als Fan von Kojimas Schaffen – skeptisch die Überraschung abwartet, die alles auf den Kopf stellt.

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Wo der Branchenveteran Metal Gear Solid-Fortsetzungen gern mal als Leinwand für spielerische Generalüberholungen und Twists nutzte, verzichtet sein neues Werk jedoch auf radikale Designentscheidungen und wirkt damit zunächst ungewohnt handzahm. Das schafft allerdings den Raum für eine Fortsetzung nach Lehrbuch, die auf den etablierten Systemen und Mechaniken aufbaut und dabei durch die Bank sämtliche ­Aspekte des Originals verbessert oder gar sinnvoll weiterdenkt. Gewagte Ideen finden Kojima-typisch natürlich trotzdem Platz, wenngleich häufiger auf erzählerischer als spielerischer Ebene.

Bereits die ersten Hauptaufträge erfreuen mit so viel Vari­ation, wie sie das Original in seiner gesamten Laufzeit nicht auftischte. Ihr beliefert selbstverständlich weiterhin und vorrangig zahlreiche – nicht selten prominente – Prepper und konfrontiert menschliche Feinde und BTs. Ihr setzt aber auch Minen instand und verbindet diese per Monobahn-Schienensystem mit verbündeten Einrichtungen. Oder Ihr rettet ein Känguru aus einem ­Buschfeuer, das die direkte Konsequenz von regelmäßigem Extremwetter ist. Das Spiel setzt dabei an allen Ecken auf durchdachten Feinschliff, den die erste Episode noch vermissen ließ. Ihr verwaltet Eure Fracht nun etwa flotter durch Schnelleingaben und zurrt sie vorsorglich fest, wenn die Reiseroute einen besonders wider­spenstigen Eindruck macht. Müsst Ihr derweil Ladung aus einem Bereich voller BTs bergen, legt Ihr kurzerhand Euren Rucksack im Schutz eines Unterstandes ab, um Euer Hab und Gut vor dem Zeitregen zu schützen. Ein Handgriff, der übrigens auch dann praktisch wird, wenn Ihr Euch möglichst flexibel in ein feindliches Camp schleichen wollt.

Die Feindbegegnungen markieren dann auch die größte 180-Grad-Wende gegenüber dem Original. Fühlten sich die Konfrontationen seinerzeit noch nach sperrigem Beiwerk an, begegnet Ihr ihnen nun mit Vorfreude. Vor allem Fans von Metal Gear Solid V: The Phantom Pain werden den Umstand bejubeln, dass das Spiel große Inspiration aus Kojimas Stealth-Juwel zieht. Ihr markiert Eure Feinde, indem Ihr Euren Kameraden Dollman in die Ferne schleudert, um so Lager aus luftigen Höhen auszuspähen. Wie Ihr dann vorgeht, bleibt Euch überlassen. Vielleicht greift Ihr aus der sicheren Ferne zum Scharfschützengewehr oder geht mit dem Packseil auf Tuchfühlung. Vielleicht seid Ihr aber auch rabiater und strapaziert das merklich umfangreichere Waffenrepertoire, um Konfrontationen geradlinig und direkt zu lösen. An die Flexibilität eines Venom Snake reicht Sam trotz des neu gefundenen Kampftalents zwar nicht heran, dennoch münzt Death Stranding 2 eine der größten Schwächen des Originals souverän in eine seiner größten Stärken um.

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Wer nun befürchtet, Death ­Stranding 2 würde zur lautstarken Actionsause verkommen, darf beruhigt sein. Wie im Erstling verbringt Ihr weiterhin die meiste Zeit außerhalb von Konflikten. Ihr bereist, verbindet und baut die Weiten Australiens aus, die sich visuell als deutlich abwechslungsreichere Spielwelt präsentieren als das immerzu grün-graue Alternativ-Amerika des Vorgängers. Rund 50 Hauptaufträge und unzählige Neben- und Standardmissionen führen Euch durch Wälder, Wüsten und Gebirge, die Ihr wieder Hand in Hand mit Boten aus aller Welt gestaltet und anpasst. Dazu steht Euch das gesamte Infrastruktur-Sortiment aus dem Erstling offen und auch hier hat das Team noch einmal sinnvoll nachgebessert. Ihr könnt etwa den Winkel Eurer Seilrutschen bestimmen, um Hindernisse zu umschiffen oder Eure Straßen weiter ausbauen, damit sie Euch Regenschutz und einen Boost auf Eure Geschwindigkeit gewähren. Death Stranding 2 strotzt vor solchen Aha-Momenten, die nicht nur eine ­Wonne für Fans des Erstlings sind, sondern gleichermaßen das Potenzial bergen, jene glücklich zu stimmen, die zwar Interesse am Original mitbrachten, sich jedoch an seinen Kanten stießen.

Grundvoraussetzung für eine erfüllende Spielerfahrung bleibt jedoch, dass Ihr Interesse am gleichbleibenden Kernkonzept mitbringt. Solltet Ihr bereits keinen Zugang zum Original gefunden haben, dürfte es auch Sams neues Abenteuer – trotz aller Verbesserungen – schwer haben, Euch zu bekehren. Enthusiasten des zumeist meditativen Spiel­ablaufs freuen sich hingegen über tolle Features wie den Musik-­Player. Der lässt Euch eigene Playlists aus einem Pool von Songs erstellen, die Ihr im Laufe des Spiels freischaltet. Das ist gerade vor dem Hintergrund Gold wert, dass Death Stranding 2 wieder die Bühne für eine Fülle an bekannten bis vielversprechenden Nachwuchskünstlern bietet. ­Kojimas größte Errungenschaft in diesem Kontext ist aber die Verpflichtung des französischen Künstlers Woodkid. Steuerte er dem Director’s Cut des Vorgängers noch eine Handvoll Songs bei, mausert er sich hier zum Co-Komponisten, der mit einem exzellenten Soundtrack begeistert. So werden die großen Momente des Spiels stets von seinen feinfühligen Klängen untermalt – da bleibt kein Auge trocken.

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Wo wir schon bei der Handlung sind: Death Stranding 2 profitiert immens davon, dass die Welt und Logik des Spiels bereits etabliert ist. Exposition im Zuge ausschweifender Dialoge findet zwar Kojima-­typisch immer noch hier und da statt, allerdings haben die eigentliche Geschichte und ­Figuren deutlich mehr Luft zum Atmen. Die charmante ­Drawbridge-Crew wächst im Handumdrehen ans Herz und begleitet Euch durch eine Story, in der sich rührende Melancholie und skurriler Frohsinn stets die Waage halten. Vor allem das ­Mysterium um Elle Fannings Tomorrow und Troy Bakers – noch mal ein ganzes Stück exzentrischeren – Böse­wicht Higgs fesseln gekonnt. Das liegt sicherlich auch darin begründet, dass Death ­Stranding 2 einige der spektakulärsten Sequenzen in Kojimas bisherigem Schaffen bereithält – gerade das großartige Finale hat uns arg beeindruckt. Schade nur, dass auch der ­zweite Teil weitgehend spielerische Kniffe vermissen lässt, die etwa zahlreiche Bosskämpfe der Metal Gear Solid-Serie so erinnerungswürdig machten. Die Konfrontationen mit Cliff-Nachfolger Neil – und auch die weiteren Bossbegegnungen – sind herausragend präsentiert, gehen jedoch selten über spielerisch schlichte Schießbuden hinaus. Angesichts der Vielzahl an Verbesserungen und der tollen Präsentation fällt dieser Umstand aber kaum ins Gewicht.

Stichwort ”Präsentation”: Ihrwerdet es sicher schon anhand der Trailer erkannt haben, aber Death Stranding 2 ist eine ­regelrechte Augenweide. Der Titel ­bombardiert Euch am laufenden Band mit eindrucksvollen Schauwerten. Insbesondere die Detailverliebtheit der Figurenmodelle, die bildschönen Naturpanoramen und die atmosphärische Lichtsetzung beeindrucken auch noch nach vielen Stunden. Im Performance-Modus läuft das Spiel zudem über weite Strecken mit stabilen 60 fps auf einer normalen PlayStation 5, Ladezeiten ­beschränken sich auf ein Minimum. Folgerichtig konnten wir allenfalls eine marginale Verbesserung der Auflösung auf PS5 Pro ausmachen. Der positive Eindruck setzt sich auch auf akustischer Ebene fort: Neben der Original­besetzung erfreut die deutschsprachige Synchronriege mit durchweg überzeugenden Leistungen, die auf einer rundum ­gelungenen Lokalisierung aufbauen.

Meinung

Kevin Pinhao meint: Als Fan des Originals habe ich Death ­Stranding 2 mit Vorfreude und großen Erwartungen entgegengefiebert. Nach über 100 Stunden blicke ich nun erfüllt und wehmütig auf eine besondere Reise zurück, die all das liefert, was den Erstling so einzigartig machte und gleichzeitig in vielerlei Hinsicht über diesen hinauswächst. Spielerisch bis in die Haarspitzen durchdacht, erzählerisch mitreißend und inszenatorisch über jeden Zweifel erhaben, ist es letztlich aber vor allem Kojimas Fähigkeit, all seine Passionen zu einem beispiellosen Werk zu verweben, die mich begeistert. Es fällt zweifels­ohne leicht, seine Liebe für das Filmmedium, die Popkultur und ihre Kreativen als schrullige Leidenschaft abzutun. Die Art und Weise, mit der er seinen Vorbildern huldigt, aufstrebenden Künstlern und Freunden eine Bühne bietet und so seine ganz persönlichen Verbindungen verewigt, macht Death Stranding 2 aber zu einem äußerst menschlichen und einzigartigen Werk. Und davon braucht es in einer Triple-A-Landschaft, die sich immer mehr durch Gleichförmigkeit auszeichnet, unbedingt mehr.

Wertung

Korpus-Datenbank versorgt mit allen relevanten Infos zu Welt und Figuren
zahlreiche Verweise auf Kojimas bisheriges Schaffen
Zusammenfassung von Teil 1 enthalten

Emotional, fesselnd und unheimlich spaßig: Die Fortsetzung dreht an den richtigen Stellschrauben und lässt so vor allem Fans auf Wolke sieben schweben.

Singleplayer93MultiplayerGrafikSound

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