Amazon wollte Big Player für Games sein – Das Ende von New World vervollständigt eine traurige Geschichte des Scheiterns

Mit den jüngsten Entlassungen sowie dem Ende von New World gesteht Amazon ein, dass das Projekt „Big Player der Games-Branche werden“ gescheitert ist. MeinMMO-Redakteur Karsten Scholz beleuchtet das Scheitern.

Das hier ist quasi die Fortsetzung meines Artikels Amazon will seit 10 Jahren ein Big Player für Games sein, jetzt muss es Herr der Ringe richten aus dem Mai 2025. Ausgelöst durch die jüngste Hiobsbotschaft, dass Amazon Games sein MMORPG New World nach nur 4 Jahren in den Wartungsmodus schieben möchte.

Und auch für das ambitionierte MMORPG zu Herr der Ringe sieht es nicht gut aus, das im Auftrag von Embracer bei Amazon Games entstehen sollte (und auf dem die Hoffnungen vieler Fans lagen). Es fehlt zwar noch die offizielle Bestätigung der Einstellung der Entwicklung, doch haben die Studios in Irvine sowie San Diego durch die jüngste Entlassungswelle bei Amazon viel Substanz verloren.

Zudem gibt’s Aussagen betroffener Entwickler, laut denen das Herr-der-Ringe-Projekt eingestellt worden sein soll. Ashleigh Amrine (Senior Gameplay Engineer und Tech Lead bei Amazon Games) schreibt etwa auf linkedin.com:

Heute Morgen war ich, zusammen mit meinen unglaublich talentierten Kollegen von New World und unserem noch jungen Herr der Ringe-Spiel, Teil der Entlassungswelle bei Amazon Games. Es ist immer hart, ein so starkes Team so etwas durchmachen zu sehen – ich hatte das Glück, hier mit einigen der fähigsten, kreativsten und nettesten Entwicklern zusammenzuarbeiten, die mir je begegnet sind.

Wenn man diese aktuelle Aussage mit einem älteren Screenshot auf Reddit vergleicht, fällt auf, dass zwischenzeitlich ein Teil entfernt worden ist, und zwar nach dem noch jungen Herr-der-Ringe-Spiel: „Ihr alle hättet es geliebt“. Ein klarer Hinweis darauf, dass es nicht mehr kommt.

Eventuell musste Ashleigh Amrine diesen Teil anpassen, weil es noch keine offizielle Bestätigung für das Ende des Herr-der-Ringe-MMORPGs gibt – bei börsennotierten Unternehmen können sich solche Meldungen schnell spürbar auf die Kurse betroffener Parteien auswirken. Vielleicht ist das Projekt aber auch noch nicht ganz vom Tisch. Genau wissen wir es erst, wenn sich Amazon Games dazu äußert.

Nighthaven wird das letzte Update für New World sein, hier der Trailer:

Erfolg kann man sich nicht einfach kaufen

So bitter es ist, dass New World gerade jetzt zu Ende gehen soll – schließlich hatten es die Entwickler nach schwierigen Jahren gerade erst geschafft, die lange Zeit kritische Community positiv zu stimmen – so gut passt diese Entscheidung zur wohl schlecht möglichsten Zeit in den bisherigen Werdegang von Amazon Games.

Von den ersten 3 großen Games-Projekten kam nur New World heraus. Der 4vs4-„Sport-Brawler“ Breakaway und der Multiplayer-Survival-Sandbox-Shooter Crucible scheiterten noch in der Entwicklung respektive beim Start.

New World legte zwar einen starken Launch hin, kämpfte aber aufgrund der turbulenten Entwicklung vom Start weg mit vielen Problemen. Die Spielerzahlen sanken schnell. Diverse Baustellen blieben über Jahre im Spiel. Das neue Studio hatte sich am herausfordernden MMORPG-Genre schlicht verhoben.

Seit 2016 konnte Amazon Games abseits von New World kaum Zählbares veröffentlichen: eine Games-Adaption für die Serie „The Grand Tour Game“ und eine Twitch-Extension für Dragon’s Lair.

Dafür ist die Liste der eingestellten Projekte lang. Neben Breakaway und Crucible stehen dort auch Nova, Intensity und das Herr-der-Ringe-MMO, das in Zusammenarbeit mit dem chinesischen Partner Leyou Technologies entstehen sollte. Und jetzt eben auch New World und eventuell das zweite Herr-der-Ringe-Spiel.

Mit dem Publishing-Bereich konnte man sich immerhin ein zweites Standbein aufbauen und namhafte MMORPGs wie Lost Ark und Throne and Liberty im Westen veröffentlichen und betreuen.

Aber auch da bekam Amazon Games eine Menge Kritik aus der Community ab. Teils aufgrund der Eigenheiten asiatischer Online-Rollenspiele, die man trotz umfassender Anpassungen für den westlichen Markt nicht völlig aus der Welt schaffen konnte. Teils machte man aber auch vermeidbare Fehler, hier eine kleine Auswahl:

Bei einer Gamescom-Präsentation von New World im Jahr 2021 auf Twitch kassierte man einen Timeout, wenn man „Lost Ark“ in den Chat schrieb. Offenbar wollte da jemand, dass sich alle auf New World fokussieren.

Ankündigungen für New World landeten aus Versehen auf den Lost-Ark-Kanälen, und umgekehrt.

Zeitweise fehlten vernünftige Patch Notes für die Updates von Lost Ark.

Es gab Ärger rund um eine zurückgehaltene Roadmap, die in Russland bereits live war.

All das zeigt eindrucksvoll, dass man sich auch als Mega-Konzern den Erfolg in einem Wunschbereich nicht einfach kaufen kann. Mit den jüngsten Anpassungen für New World und einer starken Marke wie Herr der Ringe im Rücken schien Amazon Games jedoch auf dem richtigen Weg zu sein. Nun … so kann man sich irren.

Einem anderen MMORPG geht’s weiterhin richtig gut, dank neuer Erweiterung:

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt von YouTube, der den Artikel ergänzt.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Personenbezogene Daten können an Drittplattformen übermittelt werden.
Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Link zum YouTube Inhalt

Eine Community kann es nicht fassen

Zahlreiche Reaktionen auf den verschiedensten Plattformen machen derzeit deutlich, wie hart das plötzliche Ende von New World einen großen Teil der Community trifft. Auch die Kommentare vieler MeinMMO-Leser unter unserem Artikel zum Ende des MMORPGs von Amazon Games spiegeln wider, dass diese Neuigkeit bewegt.

KenSasaki schreibt etwa: „Absolut fatal, was da abgeht aktuell. Ich habe New World nie gespielt, muss ich direkt sagen, wenn man sich aber die Situation als ganzes anschaut, ist das alles erschreckend. Das ist genau der Grund, warum so viele Spieler Angst haben, in komplett neue/aktuelle MMOs zu gehen, man möchte bei einem MMO langfristig was davon haben und nicht Angst haben, ‚nach paar Jahren ist alles weg.‘“

EsmaraldV erklärt: „Also wow … das ist jetzt wirklich ne Hiobsbotschaft … New World macht aktuell so viel Spaß und ist auf so einem guten Weg … der aktuelle DLC und NW im Allgemeinen zählt für mich zu den besten Inhalten, die ich in Mmorpgs spielen durfte … und genau jetzt auf dem Höhepunkt wird’s abgeschaltet? Das ist jetzt einfach ein Arschtritt! Hätten sie vor dem DLC abgeschaltet, hätte mich das wenig bis gar nicht interessiert, aber jetzt, wo es endlich Spaß macht?! Versteh ich nicht …“

Nyxaro sieht das auch so: „Endlich macht New World wieder richtig Spass und dann sowas. Unglaublich … dann muss ich wohl wieder nach einem guten Game suchen gehen … schade.
Auf jeden Fall nichts mehr, was von Amazon kommt. Prime auch gleich mal gestrichen.“

skp ergänzt mit Blick auf ein offizielles Statement zum Herr-der-Ringe-MMO: „MMORPGs brauchen Geduld, Vision und Beständigkeit – drei Dinge, die Amazon offenbar nicht liefern kann. Deshalb ist mir ehrlich gesagt egal, was sie ankündigen – das Vertrauen ist erstmal weg.“

Manch einer mag sich mit dem vorzeitigen Ende von New World übrigens nicht abfinden. Kurz nach der Ankündigung ist auf change.org eine Petition für die Rettung des MMORPGs gestartet, die jetzt auf zahlreiche Unterschriften hofft.

Was bleibt von Amazon Games?

Leider nicht viel. Mit dem enorm erfolgreichen Launch von New World konnte man auf Steam eine historische Duftmarke setzen, die wohl noch lange zur Top 15 gehören wird. Davon kann man sich heute aber nichts mehr kaufen.

Das Online-Rollenspiel besitzt zudem derart viel Potenzial (umso mehr mit der aktuellen Neuausrichtung), dass man in ein paar Jahren sicherlich auf New World zurückblicken wird, wie es aktuell bei vergleichbaren Fan-Lieblingen wie Wildstar oder Warhammer Online der Fall ist. Ganz nach dem Motto: Zu früh gestorben, um das vorhandene Potenzial wirklich ausschöpfen zu können.

Falls sich das vorzeitige Ende des MMOs für Herr der Ringe als wahr herausstellen sollte, verstreicht die wohl letzte Chance von Amazon Games, in Eigenregie einen nachhaltigen Hit zu entwickeln.

Dann bleiben nur noch die Erfolge als Publisher, mit dem enorm erfolgreichen Launch von Lost Ark auf Steam, den man vielleicht noch durch – noch nicht abgesägte – Projekte wie das neue Tomb Raider von Crystal Dynamics ergänzen kann.

Mehr zu New World:

Kaum läuft’s bei New World richtig gut, macht Amazon den schlimmsten Albtraum aller Fans wahr – was ist mit dem Herr der Ringe MMORPG?

von Karsten Scholz

Amazon entlässt rund 14.000 Mitarbeiter – Twitch und MMORPGs stark betroffen

von Cedric Holmeier

Es bleibt nach etwa 10 Jahren eine traurige Bilanz. Umso mehr, wenn man bedenkt, welche Möglichkeiten Amazon auf dem Papier mitbringt, etwa mit Blick auf Twitch-Synergien, Kapital und Server-Technologien. Wie schwer es ist, trotz solcher Voraussetzungen nachhaltige Erfolge zu erzielen, zeigt das Beispiel von Xbox: Die Milliarden von Microsoft zahlen sich endlich aus, der Xbox Game Pass ist so wertig wie nie

Der Beitrag Amazon wollte Big Player für Games sein – Das Ende von New World vervollständigt eine traurige Geschichte des Scheiterns erschien zuerst auf Mein-MMO.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *