In Japan wird aus einem traditionellen Shintō‑Kinderfest Shichi-Go-San eine Haustier‑Segen‑Zeremonie. Der Grund liegt dabei weniger in der Liebe zu Haustieren, sondern eher in der dramatischen demografischen Krise im Inselstaat.
Um was für ein Ritual geht es? Shichi‑Go‑San („Sieben‑Fünf‑Drei“) ist ein japanisches Alters‑ und Segensfest für Kinder: Jungen im Alter von 3 und 5 Jahren und Mädchen im Alter von 3 und 7 besuchen gemeinsam mit ihren Familien Shintō‑Schreine, tragen traditionelle Kleidung und beten für Gesundheit und Glück. Dieser Brauch wird jedes Jahr am 15. November gefeiert und ist seit Jahrhunderten Teil der Shintō-Kultur (via Japan Experience).
Wie die New York Times kürzlich in einem Bericht schrieb, wurde in einigen Tempelanlagen die Zeremonie nun für Tiere ebenfalls geöffnet. Dieses Angebot wird laut Bericht stark in Anspruch genommen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete mit einem kurzen Beitrag sogar bereits 2023 über die Beginne des Phänomens.
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Hunde und Kinder
Kommen plötzlich mehr Hunde als Kinder? In mehreren Regionen Japans registrieren Shintō‑Schreine mittlerweile mehr Haustiere als Kinder für das Shichi‑Go‑San‑Fest. In einem bekannten Schrein in Tokio etwa kamen zur Herbstsaison rund 350 Tiere – vor allem Hunde –, während es nur etwa 50 Kinder waren, die das Fest traditionell wahrnahmen.
Viele Besitzerinnen und Besitzer sehen ihre Vierbeiner als „Familienmitglieder“ und wollen, dass auch sie Glück und Gesundheit gesegnet bekommen (via X).
Und woran liegt das jetzt genau? Dieser etwas ungewöhnliche Wandel hängt wohl eng mit Japans sinkender Geburtenrate zusammen. Die Bevölkerung altert stark, und Neugeborene werden immer seltener — gleichzeitig steigt die Anzahl von Haustieren, vor allem Hunden und Katzen, die vielerorts als emotionale Familienmitglieder gelten (Xataka).
Die Fertilitätsrate in Japan hat im Jahr 2023 geschätzt rund 1,2 Kinder je Frau betragen. Die Fertilitätsrate beschreibt die durchschnittliche Kinderzahl, die eine Frau während ihres Lebens im Schnitt zur Welt bringt. Für die Jahre von 2024 bis 2050 ist in Japan nur mit einer leichten Schwankung aufwärts zu rechnen (Statista).
Die Öffnung der Schreine und Zeremonien für Haustiere ergibt sich auch aus den Verhältnismäßigkeiten. Aktuelle Zahlen zeigen: In Japan leben aktuell mehr Haustiere in japanischen Haushalten als Kinder
(soziopolis).
Laut Max-Weber-Stiftung liegt das neben der Geburtenrate auch an den Regularien. Im Vergleich zu Deutschland sei der Verkauf von Tieren schwächer reguliert. In Japan gäbe es nach wie vor Schwierigkeiten bei der Durchsetzung von Verkaufsregulierungen und dem Umgang mit Wildtieren als Haustiere. Der illegale Wildtiermarkt in Japan zähle zu den größten weltweit.
Der Prozess, etwas Nicht-menschliches zu „vermenschlichen“ wird in der Sozialwissenschaft übrigens als Anthropomorphisierung bezeichnet und ist laut Soziologinnen und Japanologinnen in Japan besonders ausgeprägt (soziopolis)
Auch wenn die Öffnung der Zeremonie auf den ersten Blick niedlich ist – sie zeigt auch, wie tief die demografische Krise in Japan reicht. Für alle, die keine Hunde im analogen Leben als treue Begleiter bei sich haben, gibt es sie immerhin auch digital: Dank eines Tricks schafft ein Hund aus Zelda nach 25 Jahren endlich ein Wettrennen, das unmöglich zu gewinnen war
Der Beitrag In Japan dienen jetzt Hunde als Ersatz für Kinder, damit die traditionellen Feste nicht ausfallen müssen erschien zuerst auf Mein-MMO.
