Mutig wagte ich mich in die postapokalyptische Welt von „The Day Before“, mit der Hoffnung auf ein packendes Survival-Erlebnis. Die Ankündigungen und Trailer hatten meine Erwartungen, trotz der Probleme im Vorfeld, hochgeschraubt. Doch leider wurde meine Vorfreude schnell von der harten Realität eingeholt. Denn das Spiel ist selbst im Early Access derzeit nicht wirklich gut.
Wie viele andere war auch ich nach dem ersten Trailer des neuen Survival-Shooters „The Day Before“ sehr interessiert. Es landete sofort auf meiner Wunschliste in Steam, da die Umgebungen und das Setting den Eindruck vermittelten, dass es das Potenzial für ein vielversprechendes Game hat und als Open-World-MMO langfristig spannend sein könnte.
In meinem Kopf träumte ich bereits von einem würdigen Division-Nachfolger, der das Setting des Deckungs-Shooters von Ubisoft mit herausfordernden Survival-Aspekten kombinieren wird.
Ich wollte New Fortune City erkunden und dort wie Rick Grimes aus The Walking Dead riesige Wolkenkratzer, Geschäftszentren, Einkaufszentren, Stadien und vieles mehr plündern.
Dazu noch Survival-Aspekte, die mich zwingen, währenddessen auf meinen Charakter und seine Umgebung zu achten. Schließlich könnte ich jederzeit von einer Horde infizierter, Zombie-artiger Gegner überrannt werden.
Auch der Bau einer eigenen Basis und die Reparatur von Fahrzeugen wurden erwähnt, was mich durchaus an das detailverliebte Spielerlebnis von SCUM erinnerte, dem ich nie abgeneigt war.
Nachdem es dann gefühlt ewig gedauert hat, aufgrund von Verzögerungen und Markenrechtsproblemen, war der große Tag der Wahrheit gekommen. Ich konnte „The Day Before“ zum ersten Mal zocken und verlor meine Hoffnung wieder.
„The Day Before“ sollte das neue Division werden, aber die Trailer versprechen zu viel:
Autoplay
„The Day Before“ sollte das neue The Division werden
Am 7. Dezember 2023 um 19:00 Uhr wurde das Spiel auf Steam zur Installation freigegeben. Es existierte also doch und ich startete direkt den Download.
Ich wusste, dass der Survival-Shooter zuerst im Early Access erscheint. Ein paar Fehler haben mich jedoch noch nie davon abgehalten, ein Spiel auszuprobieren und bis zum Charaktermenü lief es auch ganz passabel. Bei der Serverauswahl kam dann die erste Ernüchterung.
Wie häufig bei “Early Access”-Starts unterschätzen Entwickler gerne die Situation, dass in den ersten Stunden tausende von Spielern das Spiel sofort antesten wollen. Und so stand ich nun vor einer Serverliste, in der ewig keinerlei Kapazitäten für mich zum joinen frei waren.
Leider existiert auch kein Warteschlangensystem in „The Day Before“. Ich musste also scrollen und mit ständigen Reloads hoffen, auf einem nicht so vollen Server einen Platz zu bekommen.
Hat man es geschafft, dann wacht man im Social Hub von Woodberry auf und wird nach einer kurzen Sequenz mit dem Doktor zu Chris geschickt.
Chris ist übrigens der gestochen scharfe Typ aus dem prägnanten Teaserbild von „The Day Before“. Im Spiel ist die Qualität jedoch weniger gut:
Die Animationen und die Aufmachung der Charaktere und der Umgebung in „The Day Before“ können mich selbst bei maximalen Grafikeinstellungen nicht überzeugen.
Die Stimme von Anführer Chris erinnert mich zudem an den Armory-Händler aus SCUM, genauso wie das System seinen Charakter für die Plünderungen stetig stählen zu müssen.
Dennoch wirkt die kleine Zuflucht Woodberry ganz nett. Es gibt verschiedene Händler, darunter einen Lageristen, einen Barmann oder den Waffenverwalter. Natürlich darf auch eine Werkbank nicht fehlen, um meine Schießeisen aufzurüsten und zu verbessern.
Auch mein eigenes Grundstück am See bekomme ich sofort und darf mich bereits häuslich dort einrichten. Doch ich wollte endlich das als „wunderschön und detailreich“ angepriesene New Fortune City sehen und entsprechende Action erleben.
Eine schier endlose Liste technischer Probleme
Anstelle von Infizierten und Loot erwartete mich jedoch nur wieder eine unübersichtliche Ansammlung von Fehlern. Gegenstände erschienen erst, nachdem ich einmal weggesehen habe. Dazu ist „The Day Before“ mehrmals abgestürzt, als ich auf meinem Grundstück im Baumodus die Aufgaben erledigte. Nach dem erneuten Anmelden war ich zwar wieder in Woodberry, aber trotzdem weiterhin im Baumenü gefangen. Nur das Erstellen eines neuen Charakters konnte Abhilfe schaffen.
Kurz gesagt: Die technischen Probleme am Startabend waren schier endlos. Nicht nur bei mir, auch bei meinen Freunden, die ebenfalls ihre ersten Runden im Game drehen wollten. Gelegentlich hatte mein Charakter keinen Kopf, dann einen riesigen Kopf, so groß wie ein Fesselballon. Mal war ich halb nackt oder ich rutschte wie ein zerknautschter Wischmopp über den Boden.
Da das Spiel jedoch noch im Early Access läuft, werde ich diese Schwierigkeiten nicht als Kritikpunkt anführen, auch wenn diese über „ein paar Fehler“ hinausgingen.
„The Day Before“ klang zu gut, um wahr zu sein
Endlich in der „großen“ City: Am nächsten Tag gelang es mir, die Stadt zu entdecken. Aber recht schnell sehnte ich mich wieder danach, im Social Hub eingesperrt zu sein.
Ja, New Fortune City hat definitiv Division-Vibes. Aber mehr auch nicht. Die Entwickler versprachen eine offene Welt, die erkundet werden kann. Doch was ich erlebte, war kaum spannend oder interessant und die Zombies waren wohl im Urlaub.
Die Stadt fühlt sich zu leer an, es gibt zu wenige NPC-Gegner. Man hört nur ab und zu das Grunzen eines Infizierten, der vermutlich noch seine Kumpels für die bevorstehende Zombie-Apokalypse zusammenholen muss. Man kann ihnen zudem einfach davon laufen, sie kommen selten hinterher.
Wenn man dann einen Infizierten trifft, fühlt es sich wie Glück an. Das gilt übrigens für die Spielwelt genauso wie für das schlechte Handling mit den unterschiedlichen Waffen.
Treffer werden zu spät vom Spiel registriert und völlig an der falschen Stelle. Echte Spieler sind die größere Bedrohung, denn es gibt keinen Radar.
Bereits nach ein paar Runs hat man von dieser überraschend kleinen und eintönigen Welt so ziemlich alles erfasst. Es ist derzeit nur ein begrenztes Terrain mit wenig Tiefe.
Selbst das Plündern, eigentlich das Herzstück des Spiels, erwies sich als enttäuschend. Statt sinnvoller Ressourcennutzung und strategischer Planung fand ich mich in einer ewigen Jagd nach anscheinend zufälligen Gegenständen wieder, die wenig Sinn für das Überleben in einer postapokalyptischen Welt ergeben. In Kühlschränken findet man Lippenstift, in zierlichen Frauenhandtaschen Autobatterien.
Zurück nach Woodberry geht es dann über die Extraktionspunkte. Mit dem Loot rauszukommen schafft man jedoch nur selten. An den Points wird man von anderen Spielern abgefrühstückt, sodass man Waffen und Loot, bis auf die Dinge in der Schutztasche, schnell wieder los ist. Und das Nachkaufen von Ausrüstung ist teuer – genauso wie Autos.
Immerhin hat man während der extrem langen Ladebildschirme genug Zeit zu erkennen, dass dieses als Open-World-Survival-MMO beworbene Spiel bedauerlicherweise nur Light-Survival in Kombination mit einem Extraction-Shooter ist.
Mein Traum von „The Day Before“ als Aha-Erlebnis ist damit zerplatzt. Übrig bleibt nur ein simpler Extraction-Shooter ohne Seele, aus dem wohl kein spannendes Open-World-Survival-Spiel mehr werden wird.
Bleibt zu hoffen, dass künftige Aktualisierungen nicht nur die technischen Probleme beheben, sondern auch das Spielerlebnis in eine bessere Richtung lenken, die zumindest das Extraction-Gameplay ansprechender gestalten. Eine Empfehlung ist mir das Spiel zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht wert.
Auf Steam wurde das gehypte Spiel von den Fans übrigens bereits zerrissen: The Day Before: Kontroverses Survival-Spiel ist die Nr. 2 auf Twitch, aber wird auf Steam zerrissen