The Day Before wurde von der Survival-Hoffnung auf Steam zur großen Enttäuschung. Viele Spieler fühlen sich betrogen, aber kann man von Betrug sprechen? Und welche Rechte haben Käufer? GameStar Talk spricht mit einem Anwalt.
Was ist die aktuelle Situation um The Day Before? Nach langem Warten, mehreren Verschiebungen und einem Rechtsstreit ist das ehemals meistgewünschte Spiel am 7. Dezember 2023 endlich in den Early-Access gegangen. Dort bewahrheitete sich jedoch, was Skeptiker schon lange vorausgesehen hatten: The Day Before war nicht das Spiel, welches es vorgegeben hatte, zu sein.
MeinMMO-Redakteurin Britta war zum Release dabei und berichtete von ihren geplatzten Survival-Hoffnungen.
Viele Spieler fühlten sich betrogen: In zahlreichen Videos auf YouTube, Diskussionen auf Reddit oder den Kommentaren unter den X-Posts der Entwickler Fntastic ist die Rede von einem „Scam“, einem Betrug. Doch wie sieht das rechtlich aus und welche Möglichkeiten haben enttäuschte Käufer?
Wer spricht da? Die Kollegen vom GameStar-Talk sprachen mit Rechtsanwalt Kai Bodensiek. Er ist auf die Beratung von Publishern und Entwicklern von Computerspielen in Fragen des Vertrags- und Lizenzrechts, des Urheber- und Wettbewerbsrechts und des Gesellschaftsrechts spezialisiert.
Den ganzen Talk findet ihr auf dem YouTube-Kanal von GameStar Talk oder hier im Video:
Ist The Day Before nun offiziell ein Betrug?
Was sagt der Anwalt? Mit der Bezeichnung „Betrug“ ist Bodensiek vorsichtig, denn das ist im rechtlichen Sinn eine Straftat. Ob sich Entwickler Fntastic strafbar gemacht hat, müsste erst noch geprüft werden. Um diesen Strafbestand zu erfüllen, müssten eine bewusste Täuschung der Verbraucher sowie eine beabsichtigte finanzielle Schädigung nachgewiesen werden.
Das Studio selbst schreibt auf X, man habe die eigenen Möglichkeiten überschätzt: „Das war unser erstes großes Projekt. Dumm gelaufen.“
Stattdessen spricht der Anwalt von „irreführender Werbung“. Zwar sei es durchaus legitim, in der Werbung etwas zu übertreiben, sobald konkrete Versprechungen gemacht werden, müssen diese auch eingehalten werden.
Wird also ein Survival-MMO mit einer Open-World versprochen, darf der Käufer erwarten, sich mit vielen anderen Mitspielern in einer großen, offenen Welt bewegen zu können. Wenn dies dann nicht gegeben ist, kann man laut Bodensiek von einem Mangel sprechen, der auch von Verbraucherschutzverbänden abgemahnt werden kann.
Auch der Early-Access-Status schützt nicht davor, gegebene Versprechen einzuhalten. Dafür müsste klar kommuniziert werden, dass einige geplante Features in dieser Version noch nicht enthalten sind.
Eine schriftliche Aufarbeitung findet ihr auch bei den Kollegen von GameStar.
Steam macht wohl eine Ausnahme für The Day Before
Bekommen Spieler ihr Geld zurück? Grundsätzlich gibt es für Spieler mehrere Möglichkeiten, sein Geld auf Steam zurückzubekommen. Wer noch keine zwei Stunden Spielzeit hat, kann Spiele binnen 2 Wochen in der Regel ohne Schwierigkeiten zurückgeben.
Im Fall von The Day Before haben aber auch Spieler mit mehr Spielzeit eine gute Chance, ihr Geld zurückzubekommen. Das verspricht auch Entwickler Fntastic auf X. Demnach sollen sämtliche Käufer ihr Geld zurückbekommen, ungeachtet der Spielzeit.
Wer sich angesichts der jüngsten Entwicklung mit der angeblichen Schließung des Studios hinter The Day Before zur Rückgabe entscheidet, kann das laut Bodensiek gut begründen:
The Day Before war vor Release als Open-World-MMO beworben worden, ähnelt in seinem jetzigen Zustand aber einem Survival-Shooter. Hier sollten Spieler einen Gewährleistungsanspruch einfordern können.
Dem deutschen Recht nach muss gekaufte Software über „einen erwartbaren Zeitraum“ mit Updates versorgt werden. Dies wird durch die Schließung von Fntastic nun nicht mehr gewährleistet.
Der Anwalt vermutet sogar, dass Steam selbst tätig werden könnte, um Spielern ihr Geld zurückzuerstatten. Tatsächlich sollen zahlreiche Gamer das Spiel bereits erfolgreich zurückgegeben haben.
Einen weiteren spannenden GameStar-Talk mit unserer Chefredakteurin Leya Jankowski findet ihr hier: Mittelfinger an die AAA-Industrie: Baldur’s Gate 3 war kein Zufall