Metroid Prime 3: Corruption – im Klassik-Test (Wii)

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Spiel:Metroid Prime 3: CorruptionPublisher:NintendoDeveloper:Retro StudiosGenre:Action-AdventureGetestet für:WiiErhältlich für:WiiUSK:16Erschienen in:11 / 2007

Für die einen sind es schrille Synthesizer-Klänge, ein Pfeifen, Chorgesänge und Trommelschläge. Für die anderen ist es die süßeste Aneinanderreihung von Tönen, seit es Videospiele gibt – die Rede ist von der Musik der Metroid-Reihe. Noch bevor der erste Menübildschirm über den Schirm flackert und der erste Knopf gedrückt wird, hat die SciFi-Opera den Spieler schon fest im Griff – der prägnanten Titelmelodie sei Dank. Aber natürlich tragen auch die einzigartige Atmosphäre und die geniale Spielbarkeit ihren Teil zu dieser Faszination bei.

Auf den folgenden Seiten wollen wir klären, ob dieses Kunststück auch der nunmehr dritten Prime-Episode gelingt. Doch zuvor kümmern wir uns um einen Aspekt, der (gerade bei diesem Titel) nicht unbeträchtlichen Einfluss auf den Spielspaß hat: die Steuerung.

Um es vorweg zu nehmen: Metroid Prime 3 merkt man von der ersten Sekunde an, dass es exklusiv für Wii entwickelt wurde. So natürlich hat sich bisher kein Shooter angefühlt: Bewegen, umschauen, anvisieren, ballern – das alles funktioniert geschmeidiger, schneller und präziser als in allen bisherigen Wii-Knallereien. Klar, PC-Pedanten rümpfen ob der kurzen Verzögerung und der etwas langsamen Körperdrehung immer noch die Nase, auf Konsole ist’s aber das Nonplusultra. Und was macht wohl mehr Spaß: seine Laserkanone mit der Wii-Remote locker aus der Hüfte abzufeuern oder im Bürostuhl hängend einen schnöden Mausklick auszuführen?

Ein Grund, warum die Bedienung so gut funktioniert, sind die drei verschiedenen Sensibilitätsstufen: Während Ihr auf ’Basic’ das Fadenkreuz bis zum Bildrand bewegen müsst, bis die Kamera nachzieht, reicht auf der Profi-Einstellung ’Advanced’ eine kleine Remote-Bewegung aus und schon bewegt Samus ihren Kopf.

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Unser Tipp: Fangt am besten mit der fixen ’Advanced’-Steuerung an – früher oder später werdet Ihr ohnehin auf diese zurückkommen (müssen). In der Hitze des Gefechts könnt Ihr es Euch nicht erlauben, gemächlich die Kamera zu justieren und dann das Weltraum-Gesindel zu beseitigen. Stattdessen heißt es in Bewegung bleiben, feindlichem Beschuss ausweichen und gleichzeitig aus allen Rohren feuern. Damit Ihr die Gegner nicht aus den Augen verliert, könnt Ihr sie einlocken. Wer nun aber glaubt, seine Lasersalven träfen wie in den Vorgängern automatisch ins Schwarze, irrt. Stattdessen will jeder Schuss genau gezielt und getimt werden. Das sorgt für mehr Anspruch, aber auch für mehr Spaß und Kontrolle. Sich in Bewegung befindlichen Feinden ballert Ihr einfach ein Projektil in die Laufbahn.

Allzu fordernd fallen die Schießereien mit den Standard-Gegnern nicht aus, denn Weltraumpiraten & Co. haben die Weisheit nicht unbedingt mit Löffeln gefressen. Meistens folgen sie einem festen Bewegungs- und Angriffsmuster oder stehen einfach blöd herum. Dafür stecken sie (dank Rüstung und Schild) vor allem im späteren Verlauf einige Treffer ein. Glücklicherweise dürft Ihr auf Knopfdruck in den Hyper-Modus umschalten und dort mit Eurer vernichtenden Phazon-Waffe ordentlich aufräumen. Aber Achtung: Da die giftige Substanz von Eurem Körper produziert wird (ein ’Geschenk’ von Dark Samus), zehrt jeder Einsatz der Superknarre an Eurer Lebensenergie.

Insgesamt ist die Steuerung vorbildlich und geht locker von der Hand – zumindest nach einigen Stunden Spielzeit. Grundlegende Manöver (bewegen, umschauen) sind zwar im Handumdrehen erlernt, bis Ihr die komplexe Bedienung aber völlig verinnerlicht habt, müsst Ihr etliche Fehlgriffe und Handkrämpfe in Kauf nehmen. Das ist allerdings weniger den Entwicklern als vielmehr der teils unpraktikablen Button-Anordnung der Wii-Fernbedienung anzukreiden (mit der Minus-Taste zu scannen oder der Plus-Taste den Hyper-Modus aufzurufen, ist gewöhnungsbedürftig). Dabei zollten die Retro Studios dieser Tatsache bereits Tribut und warfen z.B. die Waffenwechselei der Vorgänger über Bord: Jeder neue Beam ist stärker als der vorherige und ersetzt die Vorgängerwumme – praktisch!

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Ein wesentlicher Reiz der “Metroid-Reihe bestand schon immer im Erforschen eines mysteriösen, abgeschiedenen Planten. Damit ist jetzt Schluss. Denn in Metroid Prime 3 erkundet Ihr nicht nur einen Himmelskörper, sondern gleich eine ganze Galaxis. All diejenigen, die beim zweiten Teil optische Abwechslung vermisst hatten, dürfen aufatmen. Samus Arans Wii-Debüt beglückt den Spieler mit unterschiedlichsten Loca­tions: So pflastern zerfallene Tempelanlagen genauso Euren Weg wie Lavaströme, wuchernde Flora, schneebedeckte Täler oder futuristische Weltraumstationen.

Ein Szenario überragt die anderen aber meilenweit: die Sky-City. Das liegt nicht nur daran, dass diese (von den Chozo errichtete) Stätte in den Wolken schwebt, sondern stilistisch, architektonisch und grafisch grandios designt wurde. Vor einem malerischen, in orangene Pastellfarben getauchten Himmelszelt rutscht Ihr an Metallstreben von Plattform zu Plattform oder lasst Euch in Morph-Ball-Form als lebende Kanonenkugel herumschießen. Zusammen mit der exzellenten Musikuntermalung entsteht eine Atmosphäre, die so nur ein Metroid erzeugen kann.

Um zwischen den Einsatzorten zu wechseln, begebt Ihr Euch an Bord Eures Weltraumgleiters. Hier wählt Ihr auf der Karte Euer Ziel und steuert in einer hübschen Zwischensequenz den nächsten Landeplatz an. Außerdem dürft Ihr den schnittigen Flitzer neuerdings über Funk anfordern und so schwere Gegenstände abtransportieren lassen oder Gegnern mit einem Luftschlag einheizen.

Warum also ‘nur‘ eine Wertung von 89%? Hauptgrund hierfür sind Patzer im Spieldesign: Manchmal steht Ihr in einer Sackgasse und wisst nicht, was zu tun ist. Oder es werden mehrere Einsatzziele auf der Karte angezeigt, die aber (ohne explizite Erklärung) in einer bestimmten Reihenfolge abgeklappert werden müssen. Zusammen mit einigen extrem zickigen Schleusen (die den Durchgang erst nach mehreren Sekunden freigeben) und Endlos-Gegnerwellen ist Frust vorprogrammiert. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, den erwartet ein episches Wii-Highlight mit Gänsehaut-Garantie!

Meinung

André Kazmaier meint: So ein Wechselbad der Gefühle habe ich selten erlebt: Einerseits ist die Steuerung vorbildlich, andererseits sind manche Kommandos nur mit viel Fingerakrobatik und Eingewöhnungszeit auszuführen. Dasselbe beim Gamedesign: Während mich die unterschiedlichen Planeten in neue Spielspaß-Sphären entführen, holen mich diverse Patzer (irreführende Anweisungen auf der Karte, Sackgassen etc.) auf den Boden der Tatsachen zurück. Und trotzdem ist Corruption für mich eher ein würdigerer Nachfolger zum genialen GameCube-Erstling als der zweite Teil. Das liegt vor allem an den traumhaft schönen Schauplätzen wie der Sky-City. Für eine Wertung in den 90ern ist mir die Weltraum-Odyssee aber oft zu frustig.

Michael Herde meint: Endlich macht ein Spiel vernünftigen Gebrauch von den angeblichen Ego-Shooter-Fähigkeiten des Wii. Da zudem das typische Metroid-Spielgefühl unmittelbar einsetzt, bin ich von Samus’ Abenteuer sofort gefesselt. Nervig: Nach Stunden muss ich immer noch überlegen, auf welcher Taste die Karte liegt, und das Aufschalten der Gegner ist mitunter zickig. Sobald Euch ein Feind trifft, müsst Ihr ihn neu anvisieren. Etwas problematisch geriet obendrein die komplexe 3D-Karte, gerade für Einsteiger. Davon abgesehen ist Corruption ein Muss für Samus-Fans und alle, die ein frisches Gefühl beim Ballern suchen.

Wertung

2 Schwierigkeitsgrade: ’Normal’ & ’Veteran’
Steuerung kann so eingestellt werden, dass Schüsse automatisch treffen
durch ’Achievements’ schaltet Ihr Artwork- und Soundtrack-Galerien frei

Herrlich anzusehende und toll spielbare Sci-Fi-Ballerei, die jedoch selbst Hardcore-Gamer stellenweise zur Weißglut treibt.

Singleplayer89MultiplayerGrafikSound

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