Amazons Fallout-Serie ist endlich erschienen. MeinMMO-Autor Christoph Waldboth findet zu einem spoilerfreien Fazit. Zu den größten Stärken gehört ein Aspekt, der bei den Spielen regelmäßig als Schwachpunkt ausgemacht wird.
Wer sich noch nicht in die postapokalyptische Welt der neuen Fallout-Serie gewagt hat, sei entwarnt: In diesem Artikel werde ich auf Spoiler zur Story verzichten.
Das ist alles andere als einfach, weil besonders die Geschichte zu den großen Stärken der Serie zählt. Sie war es, die mich acht Stunden lang bei der Stange hielt und dafür sorgte, dass ich mich für das Schicksal der Figuren interessierte.
Damit hat die Serie der beliebten Videospielvorlage einiges voraus. Die Hauptgeschichten aus den Bethesda-Spielen waren nie wirklich spannend erzählt und litten vor allem unter den wesentlich besser geschriebenen Nebenquests.
Solche Nebenaufgaben gibt es in der Serie nicht. Das ist ein großer Pluspunkt. Ich möchte im Folgenden erklären, was die Serie für mich so gut macht, und wo ich trotzdem einige Probleme sehe.
Alle Infos zur Serie findet ihr auf MeinMMO.
Autoplay
Die Geschichte ist gut geschrieben und inszeniert
Die Handlung der Serie hat mich ab Folge Eins für sich gewinnen können. Auch wenn vieles bereits aus den Spielen bekannt ist, und sich Motive wie der Prolog im Vault wiederholen, war ich dennoch interessiert zu erfahren, wie es weitergeht.
Immens wichtig dabei: Die Serie zeigt mir unterschiedliche Perspektiven und kann so verschiedene Geschichten auf einmal erzählen. Das liegt vor allem an den drei Hauptfiguren. Sie haben alle drei unterschiedliche Hintergründe. Das sorgt dafür, dass bei moralische Fragen teils konträre Sichtweisen aufeinanderprallen.
Lucy (Ella Purnell), eine Vault-Bewohnerin, die die Außenwelt bislang nie zu Gesicht bekommen hat, ist rechtschaffen und wirkt angesichts der brutalen und egoistischen Oberfläche etwas naiv. Maximus (Aaron Moten), der als Knappe bei der Stählernen Bruderschaft noch einen weiten Weg bis zur eigenen Power-Rüstung vor sich hat, zweifelt an seinen Idealen.
Und der Ghoul (Walton Goggins) ist eine Art Cowboy oder Kopfgeldjäger, der noch aus der Zeit vor dem Bombenabwurf stammt. Er ist abgeklärt, skrupellos und handelt nur nach seinem Ermessen.
Anhand dieser drei Figuren erzählt die Serie ihre Geschichte. Es gibt eine Handvoll Nebenfiguren wie den Bruder von Lucy, der Fokus liegt aber klar auf den Abenteuern der drei Protagonisten. Ihre Erzählstränge laufen immer wieder zusammen und finden am Ende zu einem meiner Meinung nach befriedigendem Ende.
Bis dahin war ich ehrlich daran interessiert zu sehen, was mit den Figuren geschieht und wo sie am Ende stehen. Genau das kann ich von keiner Haupthandlung von einem der Spiele sagen. Als stummer Protagonist mit wenig Charakter war mir das Schicksal des Ödlands meist herzlich egal.
Lieber ließ ich mich von den zahlreichen, besser geschriebenen Nebenquests ablenken. Bei einer achtstündigen Serie gibt es dieses Problem nicht. In diesem Punkt ist die Serie der Vorlage deshalb meilenweit voraus.
Die Geschichte von Amazons Serie hat mich auch deshalb so überzeugt, weil sie perfekt inszeniert ist. Ruhige Momente und Action-Szenen wechseln sich gut ab. Es gibt einige Gewaltspitzen und viel schwarzen Humor – eben das, wofür auch die Videospiele bekannt sind.
Und ja, ich musste ein ums andere Mal schlucken. Das eigentliche Drama der Atombombe ist immerhin alles andere als durchgeknallte Fantasie.
Leider gibt es auch Schwächen
Ist die Serie also perfekt? Nein, keineswegs. Zwar mag ich die drei Protagonisten, trotzdem sehe ich einige Schwächen in der Art und Weise, wie sie geschrieben sind. Besonders Lucy und Maximus wirken die meiste Zeit flach und wie Schablonen.
Ihre Charakterentwicklung passiert viel zu schnell und wirkt vor allem im Fall von Lucy unglaubwürdig. Einzig der Ghoul bekommt ausreichend Hintergrunderzählung. Anhand von ihm wirft die Serie auch mal einen Blick in die Vergangenheit und wir sehen, was vor der Atomkatastrophe geschah.
Ein weiteres “Problem” hat man als Zuschauer nur, wenn man die Spiele gespielt hat: Man lernt die Außenwelt nicht wirklich zum ersten Mal kennen, so wie Lucy das tut. Ich weiß bereits, wie sie aussieht und funktioniert. Dadurch geht ein Teil ihrer Faszination verloren. Dafür kann die Serie aber wenig.
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Der Gesamteindruck stimmt
Dass manche der Figuren schwach geschrieben sind, hat mich angesichts ihrer Geschichte aber nicht so sehr gestört. Dafür waren Atmosphäre, Szenenbild und Ausstattung einfach zu gut. Man merkt, dass Amazon und Bethesda hier viel Geld in die Hand genommen haben. Die Serie wirkt zu keinem Zeitpunkt billig.
Trotz einiger Schwächen haben die Showrunner erkannt, was Fallout so großartig macht: Es ist die seltsame Mischung aus schwarzem Humor, Gewalt, Satire, Gesellschaftskritik und guten Geschichten.
Fans der Spiele würde ich die Serie empfehlen. Sie ist aber auch gut für Nichtkenner geeignet. Alle acht Folgen sind bei Amazon Prime zu sehen. Zu einer anderen bekannten Bethesda-Marke wird es wohl keine Serienumsetzung geben.